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Authentische Lebensmittel

Authentische Lebensmittel erfreuen sich bei Konsumenten zunehmender Beliebtheit. Ein regionales, sortenreines und/oder speziell hergestelltes Produkt ist in einem stark industrialisierten Markt in steigendem Maß ein Garant für mehr Wertschöpfung. Gerade im Premiumsegment lassen sich durch ökonomisch motivierte Verfälschung enorme Gewinne realisieren. Betroffen davon sind Produkte wie Weine, Honig und Olivenöl, wo Herkunfts- und Qualitätsbezeichnungen besonders wertprägend sind und auch in jüngster Vergangenheit immer wieder gefälscht wurden. Hiervon betroffen ist insbesondere auch Honig, der seit Jahrtausenden der Inbegriff für ein naturbelassenes und gesundes Lebensmittel ist: Im globalen Handel wird Honig mit industriellem Zuckersirup gestreckt – und so werden Händler, Abfüller und letztendlich auch der Konsument geprellt.

Entgegenwirken lässt sich dem nur mit verlässlichen Prüfverfahren. Allerdings ist die Authentizität eines Lebensmittels ein extrem komplexer Sachverhalt, der bisher auch nicht einheitlich geregelt ist. Die Bewertung der Sicherheit von Lebensmitteln in Hinblick auf potenziell enthaltene Rückstände wie z. B. Antibiotika ist deutlich weniger komplex, wie im folgenden Beispiel kurz dargestellt wird. Stoffe, die im Verdacht stehen, ein Gesundheitsrisiko darzustellen, werden einer entsprechenden Bewertung unterzogen. Stellt sich heraus, dass der Stoff (oder eine Stoffklasse) tatsächlich ein Risiko darstellt, führt der Gesetzgeber eine entsprechende erlaubte Höchstmenge ein (z.B. Rückstandshöchstmengenverordnung). Für die Analytik bedeutet das, dass eine entsprechend empfindliche Methode entwickelt werden muss, wobei die gesuchte Substanz/Stoffklasse bekannt ist. Typischerweise wird dann mit reinen Referenzsubstanzen das Verfahren optimiert und Matrixeffekte ermittelt. Wird beispielsweise das Antibiotikum Chloramphenicol in einem Honig nachgewiesen, ist dieser in der EU nicht mehr verkehrsfähig (Nulltoleranz; (EU) 37/2010).

Im Fall der Authentizität ist der Sachverhalt deutlich komplexer. Authentisch bedeutet, dass die Sorte des Lebensmittels, seine geografische Herkunft sowie seine Herstellungsmethode (konventionell/ökologisch, usw.) bekannt sind und dass das Lebensmittel frei von Verfälschungen wie der Verschneidung mit artfremden oder minderwertigen Produkten ist. Für die Analytik hat das zur Folge, dass eine negative Beurteilung – im Gegensatz zur Rückstandsanalytik – nicht nur auf einen einzelnen Parameter zurückgehen kann. Vielmehr muss ein authentisches Produkt zumindest alle gesetzlich für dieses Lebensmittel festgelegten Qualitätsansprüche erfüllen. Für einen Blütenhonig bedeutet dies im Allgemeinen (Auszug aus der HonigV [1]):

  • Gehalt an Glucose und Fructose von mindestens 60 g/100 g
  • Höchstmenge an Saccharose von 5 g/100 g
  • Wassergehalt von maximal 20 %
  • Leitfähigkeit von nicht mehr als 0,8 mS/cm
  • Gehalt an freien Säuren von höchstens 50 mequ/kg
  • Enzymaktivität (Diastase) nach Schade von mindestens acht
  • HMF (Hydroxymethylfurfural) von höchstens 40 mg/kg

Genügt ein Blütenhonig diesen Anforderungen – die insgesamt sechs verschiedene Analysenmethoden und bereits erheblichen Zeitaufwand erfordern – nicht, ist er nicht verkehrsfähig. Die Tracht des Honigs ebenso wie dessen geografische Herkunft können anhand dieser Parameter nicht ermittelt werden. Auch aktuelle Verfälschungen mit industriellen Fructose-Glucose-Sirupen lassen sich so nicht nachweisen.

Abb. 1 Auszug aus der gerichteten Multiparameterquantifizierung von Honey-ProfilingTM für einen hochwertigen authentischen Manuka-Honig. Für jeden Parameter wird die gemessene Konzentration (sofern über der Quantifizierungsgrenze, LOQ), die zugehörige Einheit, die Quantifizierungsgrenze und, sofern vorhanden, untere und/oder obere Grenzwerte sowie ein hierzu korrespondierendes Ampelsignal angezeigt. In der rechten Spalte werden die gemessenen Werte im Vergleich zur Verteilung einer Referenzdatenbank, in diesem Fall aus authentischen Manuka- und Kanuka-Honigen, dargestellt. Insbesondere die Verbindungen 3-Phenylmilchsäure (3-phenyllactic acid), Dihydroxyaceton und Methylglyoxal (MGO) sind charakteristisch für Manuka-Honige. Der Gehalt an MGO ist wertbestimmend für Honige vom neuseeländischen Manuka-Strauch (Leptospermum scoparium) bzw. vom australischen Jellybush (Leptospermum polygalifolium).

Konventionelle Analytik auf Honigverfälschungen erfordert viele verschiedene Methoden

Das derzeitig verfügbare Arsenal analytischer Methoden zur Beantwortung dieser Fragen ist begrenzt. So kann die häufig angewandte Prüfmethode für den Zusatz von Fremdzuckern, die Stabilisotopenverhältnis-Massenspektrometrie (IRMS), nur den Zusatz von Sirupen aus sogenannten C4-Pflanzen wie etwa Mais oder Zuckerrohr nachweisen [2]. Für den Nachweis anderer Sirupe, beispielsweise aus Reis, Zuckerrübe oder Getreide, müssen andere Nachweisverfahren verwendet werden, wobei für einen weitestgehend sicheren Ausschluss einer Verfälschung mindestens drei bis vier verschiedene Analyseverfahren zur Anwendung kommen [3]. Für den Nachweis der Sorte wird heute neben physiko-chemischen Parametern und den organoleptischen Eigenschaften das Pollenbild verwendet, das zusätzlich Aufschluss über die geografische Herkunft erlaubt. Allerdings werden immer öfter Pollen durch Filtration dem Honig entzogen, um beispielsweise hohe Importzölle zu vermeiden [4]. In diesem Fall oder nach einer eventuellen Zugabe von honigfremden Pollen kann auch diese Analyse keine Aussage mehr treffen.

Schnelles Screening von Inhaltsstoffprofilen mittels NMR

Abhilfe schafft die magnetische Kernresonanz- oder NMR-Spektroskopie, die seit Jahrzehnten in der chemischen Analytik sowie in der medizinischen Bildgebung (MRI; Magnetic Resonance Imaging) eingesetzt wird. Seit mehreren Jahren wird diese Technologie auch erfolgreich zur Authentizitätsprüfung von Fruchtsäften und Weinen verwendet und hat hier bereits zur Steigerung der Konsumentensicherheit beigetragen [5]. Die NMR-Spektroskopie hat in der Analytik ein Alleinstellungsmerkmal bezüglich ihrer Reproduzierbarkeit und dynamischen Bandbreite (Fähigkeit, gleichzeitig sehr stark, z. B. 500 g/kg, und sehr gering, z. B. 5 mg/kg konzentrierte Substanzen in einer Messung zu erfassen). So erlaubt der Bruker FoodScreenerTM, ein standardisiertes 400 MHz- NMR-Spektrometer, die Aufnahme von quantitativen Inhaltsstoffprofilen von Lebensmitteln in voller Automation in nur 20 min. Dabei werden in einer Messung in der Regel zwischen 100 und 250 Inhaltsstoffe quantitativ erfasst (vom Lebensmittel abhängig), wobei neben vielen bekannten Inhaltsstoffen auch viele noch nicht näher charakterisierte Stoffe erfasst werden. Beispielsweise lassen sich mit Wine-ProfilingTM aus einer Messung bereits 53 Einzelparameter in Weinproben quantifizieren.

38 Einzelparameter für Honig aus einer Messung

Der mit Honey-ProfilingTM in nur 20 Minuten Messdauer erstellte molekulare Fingerabdruck eines Honigs umfasst derzeit 38 gerichtete, quantitative Analysen [6]. Mit enthalten sind neben traditionellen chemischen Qualitätsparametern wie den Konzentrationen von Glucose, Fructose, deren Summe und Verhältnis, Saccharose, Maltose, Melezitose, Turanose, Prolin, HMF und Ethanol vor allem weitere Parameter, die bereits in der Literatur als Qualitätscharakteristika für Honig beschrieben wurden (Abb. 1). So können beispielsweise die Konzentrationen verschiedener organischer Säuren (Zitronensäure, Äpfelsäure, Milchsäure) Hinweise auf den Zusatz von Invertzucker sein. Zu hohe Gehalte an Essigsäure, Ameisensäure und Fumarsäure können Fermentation anzeigen. Aminosäuren wie Alanin, Leucin, Phenylalanin und/oder Tyrosin lassen sich für die Zuordnung bestimmter Trachten wie beispielsweise Lavendel- oder Thymianhonig heranziehen [7]. Gerade für die Sortenbestimmung sind chemische Marker essenziell, vor allem wenn die Pollen aus dem Honig entfernt wurden. Als Marker wird dabei eine einzelne Substanz oder auch eine spezifische Kombination verschiedener Substanzen bezeichnet, die mit einer botanischen Sorte korrelieren. So ist beispielsweise für die Substanzen Acetoin und Kynurensäure bekannt, dass hohe Konzentrationen dieser Verbindungen charakteristisch für Eukalyptushonig bzw. Kastanienhonig sind [8]. Unsere Studien zeigen ebenfalls, dass sowohl Shikimi- als auch Bernsteinsäure, beide wichtige Stoffwechselprodukte in Pflanzen, in hohen Konzentrationen in Honigtauhonigen zu finden sind (Abb. 2).

Abb. 2 Shikimi- und Bernsteinsäurekonzentrationen in Honigtau­honigen (blaue Rauten) und Blütenhonigen (rote Quadrate). Von über 3.400 untersuchten Honigen sind nur jene abgebildet, bei denen jeweils beide Stoffe quantifiziert werden konnten. In den Honigtauhonigen wurden in beiden Fällen höhere Gehalte gemessen: Von 298 untersuchten Honigtauhonigen weisen 69 % Shikimisäuregehalte bzw. 77 % Bernsteinsäurekonzrationen von jeweils > 100 mg/kg auf, bei Blütenhonigen sind es hingegen nur 2 % bzw. 5 % (von über 3000). Werden beide Substanzen gemeinsam betrachtet (Shikimisäure > 150 mg/kg und Bernsteinsäure > 100 mg/kg, Ausschlussbereich hellgrün hinterlegt), lassen sich Honigtau- und Blütenhonige bereits zu über 98 % richtig differenzieren. Die Kombination mit weiteren Parametern führt zu einer umfassenden chemischen Definition von Honigtauhonigen.

Ein aktuelles Beispiel für die Notwendigkeit, mehrere Substanzen zu einem Marker zusammenzufassen, ist der medizinisch aktive Manuka-Honig aus Neuseeland [9]. Dessen antibakterielle Aktivität wird hauptsächlich auf die Verbindung MGO (Methylglyoxal) zurückgeführt. Je höher die Konzentration an MGO, desto höher ist auch der Marktwert des entsprechenden Honigs. Da MGO jedoch leicht verfügbar ist und dem Honig künstlich zugesetzt werden kann, müssen für eine Authentizitätsprüfung mehrere Inhaltsstoffe herangezogen werden. Im Fall von Manuka-Honig können mittels Honey-ProfilingTM zusätzlich zu MGO noch Dihydroxyaceton, aus dem MGO in einem Reifungsprozess entsteht, und Phenylmilchsäure quantitativ bestimmt werden [10]. Die Konzentration dieser und aller anderen gemessenen Inhaltsstoffe sowie deren relative Verhältnisse zueinander ergeben nun einen charakteri stischen Fingerabdruck. Wird dem Honig eine Substanz zugesetzt, werden dadurch die Konzentrationsverhältnisse gestört und die Verfälschung nachweisbar.

Referenzdatenbank mit mehreren Tausend authentischen Honigen

Wesentlich für die Beurteilung von Inhaltsstoffprofilen ist die Kenntnis über die natürliche Varianz der einzelnen Inhaltsstoffe in Honig. Zu diesem Zweck wurden mehrere Tausend Honige bekannter Sorte und Herkunft zuerst mit konventioneller Analytik auf bis zu 50 Parameter untersucht, um sicherzustellen, dass die Honige nicht durch Sirupzusatz oder auf sonst eine Weise verfälscht sind. In der Folge wurden für diese Honige mittels NMR Inhaltsstoffprofi le erstellt, die in ihrer Gesamtheit eine positive Defi nition für authentische Honige darstellen. Vergleicht man nun eine unbekannte, neue Probe mit dieser Referenzdatenbank authentischer Honige und stellt fest, dass ein Signal zu viel im Inhaltsstoffprofi l ist (oder ein Signal fehlt), welches in Tausenden anderen Honigen vorhanden ist, so kann dies ein Hinweis auf eine unerlaubte Manipulation des untersuchten Honigs sein. Mithilfe moderner statistischer Verfahren lässt sich auf diese Weise in einem ungerichteten Ansatz ein Honig auf Verfälschung prüfen. Da jeder Zusatz eines Stoffes, beispielsweise eines Sirups, die relativen Inhaltsstoffkonzentrationen stört, können mittels NMR-Profi ling auch unerwartete oder bisher unbekannte Fälschungen erkannt werden. Dies erweitert das analytische Methodenportfolio erheblich, denn mit konventionellen, gerichteten Methoden kann immer nur die Verfälschung erkannt werden, nach der gesucht wird. Die pfl anzliche Herkunft des Sirups (C3 oder C4-Pfl anze) spielt – im Gegensatz zur IRMS-Methode – bei Honey-ProfilingTM keine Rolle, sodass auch Zusätze von reis-, weizen- oder zuckerrübenbasierten Sirupen erkannt werden können [6].

Ein weiterer wichtiger Aspekt einer umfassenden Referenzdatenbank ist die Möglichkeit zum Aufbau von Inhaltsstoffprofi len, die typisch für eine Tracht oder eine geografi sche Herkunft sind. Damit wird der gerichtete Analysenansatz, fußend auf der Quantifi zierung von Markern, wesentlich ergänzt. Bereits jetzt erlaubt Honey-Profi lingTM die Unterscheidung wichtiger Honigsorten unabhängig vom Pollenbild und anderen konventionellen Parametern (z. B. Vielblütenhonig, Waldhonig, Akazienhonig, Manuka-Honig) [11]. Auch die geografi sche Herkunft bildet sich im Inhaltsstoffprofi l ab: So unterscheiden sich die Inhaltsstoffprofi le einiger Tausend Vielblütenhonige systematisch und lassen sich geografi schen Regionen und Ländern zuordnen (Abb. 3). Praktiken wie das sogenannte Honey-Laundering – das wissentliche Umdeklarieren der geografi schen Herkunft von Honig bei gleichzeitiger Entfernung der Pollen oder Zugabe von Fremdpollen – können damit wirksam unterbunden werden.

Abb. 3 Darstellung der statistischen Auswertungen von Honey-ProfilingTM in Hinsicht auf Tracht und geografische Herkunft von Honigen für einen ungarischen Akazienhonig. Den statistischen Modellen liegen die quantitativen Inhaltstoffprofile von mehreren Tausend, mit konventioneller Analytik als authentisch verifizierten Honigen zugrunde. Für die Prüfung ist die Angabe der Sorte und Herkunft erforderlich. In der Folge wird geprüft, ob die Probe mit dem angegebenen Zielmodell für diese Sorte/Herkunft übereinstimmt oder in die Gruppe der übrigen Honige fällt. Bei Prüfung des Herkunftslandes erfolgt zunächst eine Prüfung auf die überregionale Zugehörigkeit (Kontinent oder Großregion). Das Ergebnis wird als statistischer Zahlenwert (p-Wert) und als vereinfachte Grafik dargestellt. Ist der p-Wert größer als die Zuordnungsgrenze (Limit of Assignment), wird der Honig der entsprechenden Gruppe zugerechnet. Die Prüfung auf geografische Herkunft ist ein wesentlicher Baustein der Authentizitätsprüfung und kann bereits wichtige Hinweise auf Verfälschungen geben.

Umfassende, akkreditierte Multiparameterprüfung

Honey-ProfilingTM erlaubt somit nun auch für Honig ein bisher unerreichtes umfassendes Screening, indem gerichtete Quantifizierungen vieler Parameter mit modernsten, ungerichteten statistischen Prüfungen kombiniert werden [6]. Da alle Informationen aus einer kurzen Messung gewonnen werden, lassen sich hier hohe Zeitgewinne und Einsparungen realisieren. Für Proben ohne Auffälligkeiten können dementsprechend viele konventionelle Analysen entfallen. Im Schnellscreening auffällige Parameter können gezielt mit den entsprechenden konventionellen Methoden bestätigt werden, was selbst für auffällige Proben zu einer Reduktion der benötigten Analysen führt. Umgekehrt führt aber die Tatsache, dass mit Honey-ProfilingTM jede Probe auf alle im NMR-Profiling verfügbaren Parameter getestet wird, zu einer enormen Steigerung der Sicherheit der analytischen Aussage.

Voraussetzung für eine schnelle und reproduzierbare Analytik ist auch eine einfache und robuste Anwendung. Diese wird zum einen durch eine standardisierte und optimierte Arbeitsanweisung (SOP, Standard Operating Procedure) für die Probenvorbereitung sichergestellt. Durch Teilautomation bei der Einwaage der Honige mittels Mettler-Toledo QuantosTM-Dosierwaagen werden bei erheblich reduziertem Aufwand für die Probenvorbereitung kompatible Ergebnisse erzielt [12; Schwarzinger et al., unveröffentlichte Ergebnisse]. Zum anderen wird durch den standardisierten Bruker FoodScreenerTM eine vollautomatische NMR-Messung im Push-Button-Verfahren realisiert. Die gemessenen Spektren werden über einen zentralen Service bei Bruker BioSpin ausgewertet [6]. Dieser Ansatz, der mit einer zusätzlichen unabhängigen Prüfung der Spektrenqualität verbunden ist, wird bereits seit mehreren Jahren zum Authentizitäts- und Qualitätsscreening von Fruchtsäften und Weinen höchst erfolgreich angewandt und ermöglicht Nutzern weltweit den Zugriff auf stets aktuelle Datenbestände. Hervorzuheben ist hierbei, dass sowohl das zentrale Auswertemodul für die gerichteten Quantifi zierungen als auch das Modul für die uni- und multivariaten statistischen Analysen im Jahr 2015 nach dem ISO/DIN/EN Standard 17025 für Prüf- und Kalibierlabore akkreditiert wurden [6].

Abb. 4 Bernsteinsäure als Gärungsparameter in reifem (grün) und unreifem (rot) Honig gleicher botanischer Herkunft (Ausschnitt aus dem NMR-Spektrum). Reifer Honig mit niedrigem Wassergehalt (<20 %) enthält deutlich weniger Bernsteinsäure als unreifer Honig mit erhöhtem Wassergehalt (>20 %). Neben Bernsteinsäure ist dies auch bei weiteren Gärungsparametern, wie z.B. Ethanol, Essig- und Milchsäure zu beobachten. Die Kombination der genannten Parameter erlaubt letztendlich sehr robuste Aussagen.

NMR-Profiling für Honig – Quo vadis?

Laufende Forschungen zeigen Erweiterungsmöglichkeiten für die NMR-basierte Honiganalytik auf. Die ständig wachsende Datenbank an Referenzhonigen stellt die Grundlage für künftige Erweiterungen der statistischen Prüfungen auf Tracht und Herkünfte (derzeit verfügbar für 10 wichtige Exportländer). Durch die Analyse von zusätzlichen Sirupen und definiert im Labor mit diesen Sirupen verfälschten Honigen ist zu erwarten, dass künftig weiter verfeinerte Erkennungsmuster und Marker für den Zusatz honigfremder Zucker verfügbar sind. Zusätzlich zu den bereits jetzt mittels Honey-ProfilingTM erfassten 38 Parametern lässt sich das Quantifizierungsmodul um weitere Inhaltsstoffe erweitern. Im Fokus stehen hier Verbindungen, die aus den laufenden Entwicklungsarbeiten oder aus der Literatur verfügbar werden, beispielsweise um die Authentifizierung von Manuka- Honig weiter zu verbessern. Ein elementarer Vorteil der NMR-Spektroskopie ist, dass neu verfügbare Parameter auch rückwirkend in den Spektren von Tausenden authentischen Honigen der Referenzdatenbank bestimmt werden können, ohne die Proben erneut einer Messung zu unterziehen. Dadurch kann sofort eine Validierung von neuen Markern mit authentischen Proben erfolgen. Ein aktuelles Forschungsfeld stellen unreife Honige dar. Dabei handelt es sich um Honige, die vor Erreichen der notwendigen Reife geerntet werden und infolgedessen einen zu hohen Wassergehalt aufweisen, der Gärungsprozesse fördern kann.

In einigen asiatischen Ländern, u.a. China, ist es gängige Praxis, den Honig zu schleudern, bevor die Waben durch die Bienen mit Wachs bedeckt werden. Vor Verdeckelung wird der Wassergehalt des eingetragenen Nektars durch die Bienen reduziert. Die Waben werden erst dann verdeckelt, wenn ein ausreichend niedriger Wassergehalt erreicht wurde. Zudem fi nden während der Behandlung des Honigs durch die Bienen verschiedene enzymatische Reaktionen statt, die Teil des Reifeprozesses des Honigs sind. Da zwischen der Produktion unreifen Honigs und einer absichtlichen Verfälschung rechtlich große Unterschiede bestehen, ist hier eine Unterscheidung notwendig.

Unreife, wässrige Honige werden häufig nachbehandelt. Flüchtige Gärungsprodukte werden, ebenso wie überschüssiges Wasser, durch Vakuumbehandlung entfernt, was allerdings eine nach EU-Recht (Directive 2001/110/EC) unzulässige Behandlung darstellt.

Abb. 5 Quantil-Plot des Zuckerbereiches im NMR-Spektrum (5,28 bis 5,48 ppm chemische Verschiebung) authentischer Honige der Honey-ProfilingTM Referenzdatenbank mit zwei Honigen gleicher botanischer Herkunft (schwarze Linien). In dieser auf den Gesamtzuckergehalt normierten Darstellung sind Unterschiede zwischen verschiedenen Spektren unabhängig vom Wassergehalt der Probe erkennbar. Reifer Honig (A) weist deutlich höhere Intensitäten auf als unreifer Honig (B). Diese Kenntnis kann zur Unterscheidung von reifen und unreifen Honigen herangezogen werden, wobei die Kombination mit weiteren Parametern aus der NMR-Messung (vgl. Abb. 4) die Aussagekraft der Analyse weiter erhöht.

Vorläufige Ergebnisse bestätigen, dass NMR-Daten Rückschlüsse auf die Reife des Honigs erlauben. Dies ist u. a. möglich durch Auswertung verschiedener Gärungsparameter wie z. B. Bernsteinsäure (Abb.4), Essigsäure, Milchsäure und Ethanol. Die Gärung bewirkt in wasserreichem (>20 %), unreifem Honig einen deutlichen Anstieg der Gehalte dieser Substanzen im Vergleich zu reifen Honigen mit niedrigerem Wassergehalt (<20 %). Weitere Abweichungen lassen sich beim Prolingehalt und in Teilen des Zuckerbereichs des NMR-Spektrums erkennen (Abb. 5). Durch Normierung auf den Gesamtzuckergehalt lassen sich Unterschiede zwischen den NMR-Spektren erkennen, ohne dass diese vom abweichenden Wasser gehalt der Proben beeinfl usst werden [13]. Unreife Honige zeigen hierbei niedrigere Intensitäten als vergleichbare reife Honige gleicher botanischer Herkunft. Ziel ist, diese Beobachtungen zukünftig auch in die statistischen Modelle zu integrieren, sodass diese in der Lage sein werden, reifen von unreifem Honig sowie unreifen von verfälschtem Honig zu unterscheiden.

Abb. 6 Korrelation von NMR-Daten mit Daten aus weiteren konventionellen Analysen. Da sich mittels NMR-Profiling sehr viele Inhaltsstoffe wie beispielsweise Säuren oder farbgebende Verbindungen erfassen lassen, können Korrelationen mit weiteren Parametern gefunden werden. Dabei werden konventionelle und NMR-Analysen mittels statistischer Methoden (z. B. der PLS-Regression) korreliert und statistische Vorhersagemodelle erstellt, mit deren Hilfe neue, unbekannte Proben ausgewertet werden. Beispielsweise wurde in einer ersten Untersuchung der Säurezahl (max. 50 mequ/kg) von über 140 Honigen ein Korrelationskoeffizient R2 von 0,83 zwischen NMR-Daten und konventionell titrierten Ergebnissen gefunden (Köberle, Dudenhöfer, Schwarzinger et al., unveröffentlichte Ergebnisse). Eine weitere Studie mit über 1.400 Honigen zeigt sehr gute Korrelationen zwischen NMR-Spektren und der Leitfähigkeit eines Honigs (R2=0,98) sowie der Farbe (R2=0,93). Korrela­tionen mit zusätzlichen Parametern wie dem Wassergehalt und der Enzymaktivität sind ebenfalls Gegenstand weiterer Studien (Brauer, Kämpf, Schwarzinger et al., unveröffentlichte Ergebnisse).

Weiterhin konnte in umfangreichen Vorversuchen bereits gezeigt werden, dass NMR-Spektren sogar mit Parametern wie Wassergehalt, Säurezahl, Leitfähigkeit und weiteren in der Honigverordnung aufgeführten Parametern korrelieren (Abb. 6).

Mit Honey-ProfilingTM ist eine neue und umfassende Schnellanalytik für Honig verfügbar, die einerseits Kosten reduzieren und andererseits die Sicherheit in der analytischen Beurteilung erhöhen kann, indem viele Parameter gleichzeitig betrachtet werden können. Aktuelle Forschungen lassen erwarten, dass NMR-basiertes Authentizitäts- und Qualitätsscreening für Honig künftig noch umfassender und empfindlicher wird. Verfälschungen oder falsche Deklarationen lassen sich damit immer besser verhindern – und damit das Kundenvertrauen in das Naturprodukt Honig weiter ausbauen.

Literatur:
[1] HonigV: http://www.gesetze-im-internet.de/honigv_2004/BJNR009200004.html
[2] Elflein, L., Raezke, K.-P. (2008) Apidologie, 39, 574–587
[3] http://qsi-q3.de/wp-content/uploads/2015/01/DLG_GB_Honigverfarlschung.pdf
[4] http://www.foodsafetynews.com/2013/02/honeygate-sting-leads-to-charges-forillegal-chinese-honey-importation/#.Vp-WAUvqBNI
[5] Spraul, M. et al. (2009) Nutrients 1, 148–155. Godelmann, R. et al. (2013) J. Agric. Food Chem. 61, 5610–5619
[6] Schwarzinger, S. et al. (2015) New Food Magazine 18 (6), 27–31
[7] Hermosin, I. et al. (2003) Food Chem. 83, 263–268
[8] Truchado, P. et al. (2009) J. Agric. Food Chem. 57 (13), 5680-5686. De la Fuente, E. et al. (2005) J. Sep. Sci. 28, 1093–1100
[9] Mavric, E. et al. (2008) Mol. Nutr. Food Res. 52 (4), 483–489
[10] Adams, C. et al. (2009) Carbohydrate Res. 344, 1050-1053. Oelschlaegel, S. et. al. (2012) J. Agric. Food Chem. 60, 7229–7237
[11] Schwarzinger, S. et al. (2015) Deutsches Bienenjournal 23(2), 6–8
[12] Schwarzinger S. et al. (2014) Q&More 2.14, 36–43
[13] Dübecke A. (2015), eFOOD-Lab international 3/15, 14–16

Erstveröffentlichung: Schwarzinger, S., Brauer, F., Rösch, P., Dübecke, A., Lüllmann, C., Beckh, G., Schütz, B., Kämpf, B., q&more, 1.2016.

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    Dr. Christopher Igel

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