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Langfristig Denken und Handeln

Langfristig Denken und Handeln

Brückenschlag zwischen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit

Dipl. Ing. André Podleisek (Mettler-Toledo GmbH)

Angesichts einer zunehmenden Weltbevölkerung und den Ansprüchen auf Wachstum und Wohlstand stehen die natürlichen Lebensgrundlagen und Ressourcen unter Druck. Diese sowohl in wirtschaftlicher als auch ökologischer Hinsicht nachhaltig zu nutzen und zu erhalten, rückt zunehmend in den Fokus unternehmerischen Handelns. Die Nachfrage nach umweltschonenden Prozessen und Produkten ist der Impulsgeber für Innovations­leistungen und Effizienzsteigerungen in Unternehmen.

Als weltweit agierender Anbieter von Präzisions­instrumenten und Dienstleistungen für unterschiedliche Industriebereiche stellt sich das Unternehmen Mettler-Toledo mit dem „GreenMT-Programm“ den Herausforderungen. q&more war darüber im Gespräch mit André Podleisek, Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit.

q&more: Herr Podleisek, welche Bedeutung hat der Begriff Nachhaltigkeit für das Unternehmen Mettler-Toledo als einem weltweit tätigen Hersteller von Präzisionsgeräten und was hat dieser mit Erfolg zu tun?
André Podleisek: Für Mettler-Toledo ist Nachhaltigkeit eine wichtige Strategie, um langfristig erfolgreich zu sein. Um im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltig wachsen zu können, streben wir eine an Nachhaltigkeitsprinzipien ausgerichtete Unternehmensführung an, die Risiken minimiert und Chancen aufgreift. Von der Produkt­entwicklung und -herstellung über den Verkauf und Versand an unsere Kunden bis hin zur Entsorgung am Ende der Nutzungsdauer: Nachhaltigkeit hilft uns, die richtigen Entscheidungen für unsere Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Aktionäre und unser gesellschaftliches Umfeld zu treffen.

Im Jahr 2010 wurde das GreenMT-Programm eingeführt. Worin besteht die konkrete Zielsetzung und was  sind die zentralen Säulen des GreenMT-Programms?
GreenMT umfasst kurz zusammengefasst vier Schwerpunkte: 1. „Energieeffizienz“ im Sinne energiesparender Standorte, 2. „Grüne Flotte“ für sparsamere Fahrzeuge in Vertrieb und Service, 3. „Eco Design“ für die Entwicklung energieeffizienter, ressourcenschonender Produkte und 4. „Ressourcen“ mit einem Fokus auf Verpackungs­optimierung unserer Produkte und den Einsatz umweltfreundlicher Kältemittel in unseren Klimaanlagen.

Welche Aktivitäten gab es seither?
Eines der Hauptziele besteht darin, die Energieeffizienz in den Standorten zu erhöhen und so Umweltauswirkungen und Kosten zu reduzieren. Die Geschäftseinheiten haben zahlreiche Verbesserungsmöglichkeiten zur Einsparung elektrischer Energie und fossiler Brennstoffe realisiert: Mehr als 115 bis Ende 2013 realisierte Energiesparprojekte sparen pro Jahr weltweit über 3.300 Megawattstunden, das entspricht 2.100 Tonnen CO2. Und es kommen ständig neue Projekte hinzu, insbesondere die effizientere Gestaltung von Beleuchtung und Klimatisierung, aber auch die Verbesserung von Produktionsprozessen zusammen mit dem Lean Management.

Die Optimierung der Fahrzeugflotte von Vertrieb und Service hat zum Ziel, den Kraftstoffverbrauch und die Gesamtbetriebskosten zu reduzieren. Rund die Hälfte unserer 13.100 Mitarbeiter arbeitet in Vertrieb und Service, ein Großteil der CO2-Emissionen entfällt auf die Fahrzeugflotte. Deshalb steht die Optimierung von Kraftstoff­effizienz und Kilometerleistung ganz oben auf der Agenda. Zu diesem Zweck sind alle Geschäftseinheiten zum Einsatz emissionsarmer Fahrzeuge verpflichtet, wobei gleichzeitig die Lebenszykluskosten der Fahrzeuge sowie deren Fähigkeit zur Unterstützung der Geschäfts- und Serviceanforderungen berücksichtigt werden. Es gilt europaweit ein Emissionsgrenzwert von 130 Gramm CO2 pro Fahr­kilometer. Darüber hinaus wird der Einsatz alternativer Antriebskonzepte wie Erdgas und Hybrid/Elektroantrieb geprüft. Zusätzlich zur bedarfsgerechten und effizienten Fahrzeugauswahl haben wir weitere Maßnahmen ergriffen wie etwa Aktionen zu kraftstoffsparender Fahrweise und Routenplanung, eine sachgerechte Beladung und angemessene Fahrzeugwartung sowie die Vermeidung unnötiger Reisen und Transporte.

In der Produktentwicklung haben wir EcoDesign-Richt­linien eingeführt, die darauf abzielen, den Material- und Energieeinsatz und das Abfallaufkommen sowohl bei uns als auch in der Anwendung beim Kunden zu reduzieren. Hier geht es zum einen darum, Produkte so energieeffi­zient und ressourcenschonend wie möglich zu produzieren. Zum anderen sind alle unsere Produkte grundsätzlich so konzipiert, dass sie den Kunden dabei helfen, ­Materialverbrauch und Abfallaufkommen zu reduzieren.

Mit einem effizienten Ressourcenmanagement in unseren Geschäftstätigkeiten können wir Risiken, Kosten und Umweltauswirkungen reduzieren. Dazu verbessern wir beispielsweise unsere Verpackungen und auch die Kältemittel in unseren Kälte- und Klimaanlagen. Während Ersteres sich mit ökologischeren und platz­sparenden Produkt- und Transportverpackungen ­beschäftigt, betrachtet Letzteres bessere Kältemittel mit niedrigerem Carbon Footprint, zum Beispiel für den Einsatz in unseren Klimakammern für den Abgleich­prozess unserer Instrumente.

Ergänzt wird das Programm durch lokale Aktivitäten. ­Ein Beispiel ist der Ersatz unseres Transporters am Standort Nänikon durch ein Elektrofahrzeug und den Aufbau einer entsprechenden Lade-Infrastruktur. Die Ladestation steht auch Mitarbeitern und Kunden zur Verfügung und wird – wie auch die Gebäude – mit Strom aus Schweizer Wasserkraft versorgt.

© Mettler-Toledo

Die chemische Wertschöpfungskette – Potenziale für energie- und ressourceneffiziente Prozesse

Mit der Berechnung des globalen Treibhausgas-Fuß­abdrucks haben Sie 2010 begonnen – eine große Herausforderung in Anbetracht der globalen Präsenz und der Produktvielfalt des Unternehmens. Wie gehen Sie an das Problem heran und was sind die Schlussfolgerungen?
Energieeffizienz ist ein Schlüsselelement zur Reduktion unserer Treibhausgasemissionen. Deshalb haben wir ein weltweites Energiemonitoring eingeführt, um unseren globalen Carbon Footprint zu berechnen. Die Energie­effizienzbewertungen unserer größten Standorte lieferten uns Hinweise auf die wichtigsten Handlungsfelder; derzeit erweitern wir das Energieeffizienzprogramm auf alle Standorte. Mit einem unternehmensweiten Austausch von Best-Practice-Beispielen und Pilotprojekten unterstützen wir unsere Unternehmenseinheiten bei der Identifi­kation und Umsetzung weiterer Verbesserungen. Neben dem Ansporn im internen Wettbewerb führt der Austausch auch zu einer besseren Wahrnehmung der vielen Aktivitäten an großen und wie auch kleinen Standorten.

Bei allen Aktivitäten ist die klare Überzeugung in der Geschäftsleitung von Vorteil, dass Nachhaltigkeit wichtig für das langfristige Wachstum des Unternehmens ist. Hilfreich ist auch, dass unsere Produkte auf Langlebigkeit, Genauigkeit und Zuverlässigkeit ausgelegt sind. Das prägt das gesamte Denken und der Schritt hin zu einer Ausweitung des Nachhaltigkeitsprinzips ist nur logisch.

Sie haben 2011 den ersten Nachhaltigkeitsbericht nach Anforderungen der Global Reporting Initiative (GRI) erstellt und inzwischen ist der neue Sustainability Report 2014 erschienen. Was war die Motivation hierfür und worin bestehen die Vorteile?
Der Nachhaltigkeitsbericht nach dem neuesten GRI G4-Standard hat uns dabei unterstützt, die für das Unternehmen wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte zu identifizieren und schwerpunktmäßig darüber zu berichten. In dieser sogenannten Wesentlichkeitsbeurteilung haben wir unsere signifikanten ökonomischen, umweltbezogenen und sozialen Auswirkungen in der Wertschöpfungskette betrachtet und mit Anforderungen unserer Mitarbeiter, Kunden, Investoren, öffentlicher Stellen und anderer Interessengruppen abgeglichen. Durch diesen nach GRI G4 strukturierten Prozess konnten wir auch intern besser nachvollziehen, wo wir stehen und welche Herausforderungen noch vor uns liegen. Gleichzeitig ermöglicht uns der Nachhaltigkeitsbericht, schnell und konkret auf Anfragen beispielsweise von Kunden zu reagieren, da er die häufigsten Fragen bereits beantwortet und – wo vorhanden – mit aktuellen Daten und Grafiken unterlegt.

Lassen Sie uns einen Blick auf das forschende und analytische Labor, einen der Hauptbereiche Ihres Unternehmens, richten. Insbesondere in der Pharma- und Life-Science-Branche stehen nationale und inter­nationale Vorgaben und GxP-Anforderungen im Zentrum. Wo sehen Sie hier die Potenziale für Nachhaltigkeit?
Hier gibt es mehrere Ansatzpunkte wie die Festlegung der Methoden, die Auswahl der Geräte und die Durchführung der Analysen, um Nachhaltigkeit im Labor zu steigern.

Zum einen ist es wichtig, die erforderlichen Analysen mit sicheren Prozessen und möglichst kleinen Ressourcen­verbräuchen durchzuführen. Dafür sind für das jeweilige Verfahren optimale Genauigkeit, Reproduzierbarkeit und Zuverlässigkeit der Messgeräte entscheidend, um Out-­Of-Spec-Ergebnisse zu vermeiden. Auch ein risikobasiertes Routinetest- und Kalibrierungskonzept ist wichtig, um eine den Anforderungen entsprechende Messsicherheit zu gewährleisten. Good Weighing Practice (GWP®) als der globale Wägestandard ist eine herstellerunabhängige, wissenschaftliche Methode zur Auswahl, Bedienung und Kalibrierung der Wägesysteme. So kann GWP® zusammen mit den beiden Angeboten GWP®-Recommendation für die optimale Auswahl der Waage und GWP®-Verification für die Zertifizierung der Wägeprozesse sicherstellen, dass Wägeresultate reproduzierbar sind und in Übereinstimmung mit allen aktuellen Qualitätsstandards ermittelt werden.

Der zweite Aspekt ist die Auswahl energie- und ressourceneffizienter Analysegeräte. Beispiele dafür sind EasyMax, ein Reaktor der neuen Generation für Synthese­labors und die synthetische organische Chemie, oder das tragbare Seven2Go-Messgerät für pH-, ­Ionen- und ORP-Anwendungen (siehe Infokasten).

Neben den CO2-Emissionen liegt im Ressourcen- und Naturverbrauch ein wesentlicher Verantwortungsbereich im Hinblick auf kommende Generationen. Welchen Beitrag kann ein Technologieunternehmen wie Mettler-Toledo hierfür leisten?
Die effiziente Nutzung von Ressourcen ist heute und in Zukunft ein wichtiges Thema und Mettler-Toledo unterstützt seine Kunden bei der Gestaltung und Durchführung ressourceneffizienter Prozesse. Wie oben bereits in Bezug auf das Labor erläutert, sind Genauigkeit, Reproduzierbarkeit und Zuverlässigkeit wichtige Eckpunkte. Das gilt analog für die Produktion, wo genaues Wägen und Messen dabei helfen sicherzustellen, dass die Qualität stimmt und Nachbearbeitung oder Entsorgung von Chargen vermieden wird.

Zusätzlich engagiert sich Mettler-Toledo stark in der Vermittlung von Wissen für Forschung und Anwendung durch Schulungen, Webinare, Leitfäden und Whitepaper. Als ein Beispiel möchte ich das Thema Lebensmittel­sicherheit ansprechen, mehrere Tausend Personen haben an unseren Webinaren teilgenommen und mehr als 30.000 Exemplare unseres Handbuchs zur Lebensmittel­sicherheit und Produktkonformität wurden verteilt.

Ein entscheidender Beitrag zu Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz ist sicher die Zusammenarbeit mit unseren Kunden: Ihnen mit unserem Wissen und unseren Lösungen dabei zu helfen, ihre Prozesse so effizient und effektiv wie möglich zu nutzen und Qualität und Produktivität zu steigern.

Schließlich ist das Ziel von GreenMT zu helfen, Energie und Ressourcen einzusparen – bei uns wie auch bei unseren Kunden – und nachhaltigeres Wirtschaften zu ermöglichen, heute und in Zukunft.

Herr Podleisek, herzlichen Dank für das Gespräch.

Info: Global Reporting Initiative
Die Global Reporting Initiative (GRI) entwickelt in einem partizipativen Verfahren Richtlinien für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten von Großunternehmen, kleineren und mittleren Unternehmen (KMU), Regierungen und NGOs. Sie wurde 1997 von der Coalition of Environmentally Responsible Economies (CERES) in Partnerschaft mit dem UN-Umweltprogramm UNEP ins Leben gerufen. Die GRI-Leitlinien (GRI Guidelines) haben sich international als Standard der Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert.
www.globalreporting.org

Erstveröffentlichung: Podleisek, A., q&more, 1.2015.

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