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Neue Lichtwelten

Eine OLED (organic light-emitting device) ist ein leuchtendes Festkörperbauelement, das aus organischen Halbleitermaterialien aufgebaut ist. Der schnelle Fortschritt in der Materialchemie hat den Einsatz weißer OLEDs als Leuchtmittel und für großflächige Flachbildschirme möglich gemacht. Die Lichtausbeute weißer OLED-Panels hat inzwischen 110 lm/W erreicht – und damit die Leuchtstofflampe übertroffen –, und weiße OLED-Panels mit Tandemstruktur konnten eine Betriebslebensdauer von 100.000 h und mehr bei 1.000 cd m–2 realisieren [1], [2]. Vor Kurzem wurde ein großer OLED-Fernseher mit einer Bilddiagonalen von 77 Zoll vorgestellt, in dem weiße OLEDs zum Einsatz kommen. OLED-Panels lassen sich auch im Tintenstrahl- oder Tiefdruckverfahren aus organischen Halbleitertinten herstellen und eignen sich deswegen für druckbare Elektronik. Besonders attraktiv an OLEDs ist auch, dass sie ein ganz neues Produktdesign, mit Produkten wie biegsamen und aufrollbaren oder auch transparenten Panels möglich machen. Diese faszi­nierenden Eigenschaften von OLEDs sind der Schlüssel zu einer ganz neuen Welt der ­Beleuchtungstechnik.

Was sind OLEDs?

OLEDs sind Leuchtdioden, deren aktive Materialien vollständig aus organischen Halbleitern bestehen. Anders als anorganische LEDs sind OLEDs Flächen­strahler und eignen sich für die Verwendung mit biegsamen Substraten wie etwa Kunststofffilmen (Abb. 1a). Zudem lassen sich OLEDs in relativ einfachen Verfahren wie etwa durch Vakuumverdampfen herstellen, wofür keine giftigen Gase usw. erforderlich sind. Besonders interessant ist die Ausbildung von Dünnschichten aus organischen Halbleitern mithilfe von Drucktechniken wie dem Tintenstrahl- oder Tiefdruck. Diese Techniken ermög­lichen eine äußerst schnelle und kostengünstige Herstellung im R2R-Verfahren. OLEDs bestehen typischerweise aus ultradünnen organischen Schichten mit einer Gesamtdicke von 100 bis 200 nm, wobei die organischen Emissionsschichten zwischen p- und n-leitenden organischen Halbleiterschichten eingebettet sind (Abb. 1b). Diese organischen Halbleiter sind aromatische Verbindungen mit π-Elektronensystemen (Abb. 1c). Die delo­kalisierten π-Elektronen spielen eine sehr wichtige Rolle beim Transport von – je nach chemischer Struktur des jeweiligen Materials – Löchern oder Elektronen durch die organischen Schichten. Bei Aufeinandertreffen eines Lochs und eines Elektrons rekombinieren diese und regen den organischen Halbleiter dabei zur Lichtemission an.

Abb. 1 a) Fotografie von biegsamen OLED-Panels, b) OLED-Strukturen, c) OLED-Materialien.

Entwicklung von OLED-Materia­lien und OLED-Bausteinen [3]

Es ist eine Besonderheit der OLED-Forschung, dass sie Forscher und Wissen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Gebieten zusammenführt. Abbildung 2 zeigt, wie in unserem Labor neuartige organische Halbleiter und Hochleistungs-OLEDs erforscht und entwickelt werden. Für die Entwicklung neuartiger organischer Halbleiter werden Spezialisten auf dem Gebiet der organischen Chemie benötigt, die neue Moleküle designen und synthetisieren können. Bevor man jedoch die Materialien synthetisiert, wählt man zunächst anhand von quantenchemischen Berechnungen die aussichtsreichsten Kandidaten aus. Dieses Auswahlverfahren ist erforderlich, weil die Synthese eines neuen Materials manchmal mehrere Monate dauern kann. Ist die Synthese erfolgreich, wird das erhaltene Material gereinigt und charakterisiert. Sodann werden Prototypen gefertigt, anhand derer die Eigenschaften der Materialien untersucht werden. Liegt eine verbesserte OLED-Leistung vor, so erfolgen eine sorgfältige Optimierung der Struktur des Bauelements und die Ermittlung seiner Betriebs­lebensdauer. Bei alledem ist eine Zusammenarbeit von Forschern aus den verschiedensten Gebieten wie etwa der Quantenchemie, der organischen Chemie, der Materialchemie, der Fotophysik oder der Halbleiterphysik erforderlich. Da jedes Forschungsgebiet seine ganz eigene Sprache entwickelt hat, kann Kommunikation zu einer der größten Hürden bei der OLED-Forschung werden. Einem Forscher, der sich sowohl in der Chemie als auch in der Physik auskennt, kann daher eine Schlüsselrolle für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zufallen.

Abb. 2 F&E an Hochleistungs-OLED-Materialien und OLED-Bauelementen in unserem Labor.

OLED als Leuchtmittel

Ungefähr 20 % der weltweit erzeugten elektrischen Leistung werden von Glühlampen, Leuchtstofflampen (Leuchtstoffröhren und den so genannten „Energie­sparlampen“) und anderen Leuchtmitteln verbraucht. Eine handelsübliche Leuchtstofflampe arbeitet mit einer Lichtausbeute von 70 lm W−1, kann also elektrischen Strom effizienter in Licht umwandeln als eine Glühlampe. Allerdings kommt in handelsüblichen Leuchtstoffröhren hochgiftiges Quecksilber zum Einsatz, weswegen solche Röhren nicht den Anforderungen der WEEE- und der RoHS-Richtlinie der Europäischen Union genügen. Die nachhaltige Gesellschaft der Zukunft benötigt eine künstliche Lichtquelle, die umweltfreundlich ist und einen höheren Wirkungsgrad aufweist als Leucht­stoff­lampen. OLEDs sind ein heißer Kandidat für eine neue Generation von Leuchtmitteln, weil sie effizienter als Leuchtstofflampen und außerdem frei von Queck­silber sind.

Für gewöhnliche Beleuchtungszwecke muss die Lichtquelle eine Helligkeit von 3.000 – 5.000 cd m–2 aufweisen. Eine handelsübliche Leuchtstofflampe erreicht eine Lichtausbeute von 70 lm W–1 bei einer Betriebsdauer von 10.000 Stunden. Das heißt: Das Leuchtmittel der nächsten Generation sollte eine höhere Lichtausbeute und eine längere Betriebslebensdauer aufweisen und gleichzeitig eine höhere Helligkeit erreichen. Auch ein hoher Farbwiedergabeindex (CRI, Ra > 80) ist wünschenswert, damit die Farben von Objekten originalgetreu reproduziert werden können und die Lichtquelle dem menschlichen Auge angenehm ist. Als Materialien für OLEDs stehen die verschiedenen organischen Emissionsmaterialien mit ihren unterschiedlichen Farben zur Verfügung, aus denen eine Quelle weißen Lichts mit hohem Ra und der gewünschten korrelierten Farbtemperatur (CCT) kombiniert wird. Herkömmliche Lichtquellen wandeln einen Großteil der zugeführten Energie in Wärme statt in Licht um, was sich nachteilig auf den Stromverbrauch auswirkt. Beispielsweise erreicht die Oberfläche einer Glühlampe ca. 90 °C und die einer Leuchtstofflampe ca. 60 °C. Das Leuchtmittel der nächsten Generation sollte daher an der Oberfläche kalt bleiben. Dazu muss es einen hohen Wirkungsgrad, d.h., eine hohe Lichtausbeute aufweisen. OLEDs eignen sich in dieser Hinsicht ideal, da ihre Oberflächentemperatur auf Zimmertemperatur bleibt. Außerdem sind OLEDs attraktiv, weil sie beim Design eine hohe Flexibilität zulassen. OLED-Panels können sehr dünn sein mit Dicken unter 1 mm, je nach verwendetem Substratmaterial sind sie sogar biegsam. Wenn sowohl für die Anode als auch für die Kathode transparente Elektroden verwendet werden, sind transparente OLED-Panels möglich.Diese faszinierenden Eigenschaften ermöglichen Designern die Schaffung völlig neuer Beleuchtungswelten (Abb. 3). Im Jahr 2013 stellten Forscher von Panasonic weiße OLED-Panels mit einer Lichtausbeute von 110 lm W–1 bei einer Leuchtdichte von 1.000 cd m–2 vor. Außerdem konnten sie weiße OLEDs mit Tandemstruktur realisieren, die eine extrem lange Betriebsdauer von mehr als 100.000 h bei 1.000 cd m–­2 erreichen [2].

Abb. 3 Vorführung von OLED-Leuchtmitteln durch Lumiotec, Japan (Milano Salone, April 2012).

Zusammenfassung und Ausblick

Aktuell hat die Lichtausbeute weißer OLED-Panels einen Wert von 110 lm W–1 bei 1.000 cd m–2 erreicht und damit die Leuchtstoffröhre übertroffen. Dabei gibt es noch viel Raum zur Verbesserung des Wirkungsgrads bis hin zur theoretischen Grenze bei 248 lm W–1 [4]. Der Strom­verbrauch ist direkt proportional zu Betriebsspannung. Daher muss mithilfe eines intelligenten Materials und einer guten Bausteinarchitektur die Betriebsspannung minimiert werden. Gleichzeitig muss unbedingt eine hohe innere Quantenausbeute realisiert werden. Dazu müssen hocheffiziente Emissionsmaterialien – phosphoreszierende Materialien und Materialien mit thermisch angeregter verzögerter Fluoreszenz (TADF) [5] – entwickelt werden, die alle erzeugten molekularen Exzitonen verwerten können – bei elektrischer Anregung sind dies 75 % Tripletts und 25 % Singuletts. Damit dies gelingt, stehen die Materialchemiker vor der Aufgabe, die Zusammenhänge zwischen chemischer Struktur, quantenchemischer Simulation, physikalischen Eigenschaften und Bausteineigenschaften zu klären. Dies wäre ein großer Beitrag zu einem Rezept für die Maximierung des Potenzials eines Materials und der Leistung der Bauelemente. 

Abb. 4 OLED-Wandkommunikationssystem und OLED-Leuchtmittel.

Übliche stromgetriebene OLEDs zeigen bei hohen Helligkeiten von 3.000 – 5.000 cd m–2 einen signifikanten Abfall der Ausbeute und der Betriebslebensdauer. Eine Lösung für dieses Problem, die große Bedeutung erlangt hat, ist die Verwendung einer Tandemstruktur oder Multiphotonen­Emissionsstruktur (MPE-Struktur). Mit solchen Strukturen lassen sich gleichzeitig sowohl eine hohe Licht­ausbeute als auch eine lange Betriebsdauer erzielen [6]. Diese MPE-Technologie ist aus Leuchtmitteln und großen Flachbildschirmen, die hohe Helligkeiten von über 3.000 cd m–2 benötigen, nicht mehr wegzudenken. Für die grüne Technologie der Zukunft machen druckbare OLEDs schnelle Fortschritte und werden schon bald genauso effizient sein wie OLEDs, die im Verdampfungsverfahren hergestellt werden. Wir glauben, dass bald schon tapetenartige OLED-Displays als „Kommuni­­ka­tionswandsysteme“ zum Einsatz kommen werden und OLED-Lichtpanels in der nahen Zukunft herkömmliche Leuchtmittel ersetzen werden (Abb. 4).

Literatur:
[1] Kido, J., Kimura, M., Nagai, K. (1995) Science, 267, 1322
[2] Yamae, K. et al. (2013) SID 13 Digest, 916
[3] Sasabe, H. & Kido, J. (2013) Eur. J. Org. Chem., 7653
[4] Tyan, Y.-S. (2011) J. Photon. Ener., 1, 011009
[5] Uoyama, H. et. Al. (2012) Nature, 492, 234
[6] Kido, J. et al. (2003) SID 03 Digest, 964

Erstveröffentlichung: Sasabe, H., Kido, J., q&more, 1.2014.

Fakten, Hintergründe, Dossiers

  • Leuchtstoffröhren
  • Quantenausbeute

Mehr über Yamagata University

  • Autoren

    Prof. Dr. Junji Kido

    Jg. 1959, ist Professor am Institut für organische Bauelemente an der Universität Yamagata. Seinen Ph.D. in Polymerchemie legte er im Jahre 1989 an der Polytechnic University in New York ab. Von 2003 bis 2010 arbeitete Kido als Generaldirektor des von der Regierung der Präfektur Yamagata in ... mehr

    Dr. Hisahiro Sasabe

    Jg. 1976, legte seinen Ph.D. im Jahre 2005 am Institut für angewandte Chemie der Präfekturuniversität Ōsaka ab. Von 2005 bis 2007 forschte er bei der Optoelectronic Industry and Technology Development Association in Yamagata und wechselte dann auf eine Postdoc-Stelle bei der Yamagata Univer ... mehr

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