Die pH-Elektrode ist mittlerweile einzigartig für die Überwachung chemischer Prozesse und überall verbreitet. Fortschritt in der Materialchemie und der fundamentalen Methodik öffnet die Tür für neue aufregende Ansätze.
Der direkte Nachweis von Ionenspezies in Echtzeit ist für die Prozess- und Umweltüberwachung sowie in der klinischen Diagnostik äußerst wichtig. Der technologische Kernbestand dieses Ansatzes ist die weit verbreitete pH-Elektrode, die heute in vielen Variationen und Formen eingesetzt wird, um die Bedürfnisse des Benutzers zu erfüllen. Neben dem pH-Wert verlässt sich die klinische Analyse sehr auf die Anwendung von ionenselektiven Elektroden ISEs, die ebenfalls potentiometrische Sensoren sind, aber in der Regel auf andere Ionen ansprechen. Der bedeutendste Fortschritt in den letzten Jahrzehnten erfolgte bei hydrophoben Membranen, die lipophile Komplexbildner (Ionophore) für den Nachweis zahlreicher Ionenspezies, einschließlich Polyionen enthalten [1].
Können wir kalibrierfreie Sensoren erhalten?
Trotz des Erfolgs dieses Materials, ist die Potentiometrie (siehe Abbildung 1) nicht wirklich als eine robuste, kalibrierungsfreie Methode geeignet. Die Referenzelektrode gibt Unsicherheiten beim Potenzial und neigt auch zum Versagen. Außerdem war es schwierig gewesen die traditionelle Flüssig-Flüssig-Grenzfläche zu ersetzen, obwohl sich ionische Flüssigkeiten in letzter Zeit als vielversprechendes Material als Ersatz für die wässrige Brückenelektrolyte hervorgetan haben [2].
Abb. 1 Schematische Konzentrationsprofile entlang einer in der Potentiometrie (oben) und der Dünnschicht-Coulometrie (unten) verwendeten ionenselektiven Membran, zusammen mit den jeweiligen Sensorsignalen auf der rechten Seite
Zur Verbesserung der Robustheit elektrochemischer Ionensensoren wurden neue Ansätze erforscht, die von
den ansonsten gleichen Materialprinzipien wie bei ionophorbasierten ionenselektiven Elektroden Gebrauch machen. Diese beruhen auf der dynamischen Elektrochemie, bei der ein angelegtes Potenzial oder ein angelegter Strom zu einem Ionentransfer von der Probe zur Membran führt [3]. In dem in Abbildung 1 gezeigten Ansatz wird die Probenlösung auf ein Dünnschichtformat gebracht, der einen erschöpfenden Transferprozess bewirkt. Dadurch kann durch die Integration des Stroms, die Menge an Ionen in der Probe einfach gezählt werden, was zu einer Technik führt, die potenziell kalibrierfrei und temperaturunabhängig ist. Als Nebeneffekt der dynamischen Art dieser Techniken ändert man die Informationen zu der Probe. Anstelle der Ionenaktivitäten bewertet man die labile Ionenkonzentration der Probe. Bei wasserstoffempfindlichen Systemen bedeutet dies beispielsweise, dass man die Alkalität oder Azidität anstelle des pH-Werts nachweist. [4] Dies öffnet die Tür für neue, direkte Detektionsverfahren, die in der Vergangenheit Aliquote und volumetrische Titrationen benötigten.
Erfolgreiche Entwicklung ultrakleiner Ionendetektoren
Am anderen Ende des Spektrums besteht ein wachsendes Interesse an der Miniaturisierung von ionenselektiven Sensoren mit Abmessungen im Mikrometer-, ja sogar im Nanometerbereich. Die offensichtlichste treibende Kraft besteht in der Möglichkeit, Messungen in ultrakleinen Räumen vorzunehmen, bspw. im Innern von Zellen. Dies ist mit konventionellen Sensoren nicht möglich. Optische Sensoren mit Abmessungen im Mikrometerbereich wurden an die Durchflusszytometrie angepasst. Ionenselektive Mikroelektroden und Mikro-/Nanosensoren, die sich wie konventionelle Optoden verhalten, wurden erfolgreich in Zellen zur Überwachung der Ionenkonzentrationen angewendet [5, 6].
Abb. 2 Bild einer wässrigen Suspension aus ionenselektiven Nanosphären, die verschiedene Chromoionophore enthalten
Wegen ihrer Kompatibilität mit modernen bildgebenden Verfahren, wie z. B. der Fluoreszenzmikroskopie, haben optische Sensoren möglicherweise gegenüber elektrochemischen Sensoren eine vielversprechendere Zukunft. ISEs wurden für intrazelluläre Experimente miniaturisiert, aber der Rauschpegel, die Nachweisgrenze, Lebensdauer und physikalische Robustheit sind nicht zufriedenstellend und erfordern eine Schulung der Bedienungsperson. Natürlich haben auch optische Sensoren ihre Nachteile, wozu die Tendenz zur Photobleichung gehört. Hier besitzen ISEs immer noch einen Vorteil.
Unsere Gruppe hat eine einfache und bequeme Methode zur Herstellung selbstorganisierter Nanosphären für den Nachweis von Metallionen entwickelt [7]. Für das Verfahren müssen alle als Sensor fungierenden Komponenten mit einem amphiphilen Copolymer in THF aufgelöst und diese Lösung in eine wässrige Lösung injiziert werden. Wegen der hydrophoben Art der als Sensor fungierenden Komponenten bilden sich spontan Nanosphären, mit einer mittleren Größe von ca. 40 nm, die für das Auge als homogene Lösung erscheinen (Abb. 2). Diese optischen Nanosensoren verhalten sich aber noch auf Basis von Ionenaustauschprinzipien und bewahren die Elektroneutralität in ihrem hydrophoben Kern.
Überwindung des pH-Ansprechverhaltens optischer Ionensensoren
In der Vergangenheit haben ionische Optodenein nachteiliges pH-Ansprechverhalten gezeigt. Einige fluoreszente Ionenindikatoren wiesen ebenfalls eine ähnliche pH-Störung auf. Um diese Einschränkung zu überwinden, haben wir vor Kurzem einen Abtastmodus vorgeschlagen, bei dem der Analyt durch den Sensor verbraucht wird, und dadurch eine pH-Wert-unabhängige Reaktion ermöglicht wird [8]. Suspensionen von ultraminiaturisierten Optoden sind in dieser Hinsicht sehr interessant, da der Sensor im Vergleich zu den bisherigen gegossenen Filmen ein erheblich schnelleres Ansprechverhalten aufweist. Diese Art von Abtastmodus ist sehr nützlich, wenn bei dem entsprechenden Experiment der Verbrauch des Analyten tolerierbar ist.
Zusätzlich zu dieser Strategie kann man den lipophilen, pH-empfindlichen Farbstoff entfernen, um die Zusammensetzung der ISEs im Nanobereich zu imitieren. Wir haben vor Kurzem spannungsempfindliche Farbstoffe untersucht, um die elektromotorische Kraft dieser ionenselektiven Nanosphären sichtbar zu machen, indem wir den potentiometrischen Messwert in eine fluoreszenzbasierte Anzeige umgewandelt haben.
Der Weg in die Zukunft: Verwischen der Grenzen zwischen Lösungschemie und Abtastung
Ionophorbasierte Ionenaustausch-Nanosensoren können ihren Beitrag zu verschiedenen interessanten Richtungen leisten, die die Grenzen zwischen Lösungschemie und chemischer Abtastung verwischen. Wir untersuchen Nanosonden auf der Basis von Ionophoren als neue komplexometrische Titrationsreagenzien [9].
Wasserlösliche, organische Chelatoren, wie beispielsweise EDTA, werden in der Chelometrie weit verbreitet eingesetzt, aber die Selektivität und der pH-Wert-Arbeitsbereich haben sich in den letzten 60 Jahren nicht wirklich entwickelt. Suspensionen von Nanopartikeln auf Basis von Ionophoren können die bestehenden Nachteile überwinden und möglicherweise diese Reagenzien ersetzen. Die Komplexierungsreaktion verschiebt sich aus der wässrigen Phase zur organischen, nanosphärischen Phase, in die hochselektive ionische Rezeptoren eingebettet sind. Abbildung 3 zeigt den Vergleich zwischen Ca2+-Titrationen mit EDTA und mit Calciumselektiven Nanosphären, die Ionophore enthalten.
Abb. 3 Titration mithilfe von calciumselektiven Nanopartikeln und EDTA. NS 1: nicht gepuffertes Wasser; NS 2: pH 7,0 Puffer; EDTA 1: nicht gepuffertes Wasser; EDTA 2: pH 7,0 Puffer
Wir haben kürzlich das Konzept der photodynamischen Ionensensoren in Form polymerer Filme eingeführt [10]. Diese Sensoren können durch Bestrahlung mit Licht zwischen EIN und AUS geschaltet werden. Für diesen Zweck werden photoschaltbare Farbstoffe wie z. B. Spiropyrane als Chromoionophor verwendet.
Unter der Bestrahlung mit UV-Licht geht Spiropyran in das Photomerocyanin über, das eine viel höhere Protonenaffinität aufweist. Durch Bestrahlung mit sichtbarem Licht kann das Photomerocyanin in das nicht basische Spiropyran zurückkonvertiert werden. Wenn ein photodynamischer Ionensensor für den Einsatz im Nanobereich miniaturisiert wird, so funktioniert er nicht nur als lichtaktivierter Sensor, sondern kann auch als ein auf Licht ansprechendes Werkzeug für Störungen der Ionenkonzentration in der Probe dienen [11]. Die lichtgesteuerte Abgabe oder Aufnahme ionischer Spezies kann potenziell neue Möglichkeiten zur Modulierung von Konzentrationen schaffen. Während dies aufregende Aussichten sind, sollte man die zu erwartenden Komplikationen in Verbindung mit In-Vivo-Experimenten und Experimenten in anderen komplexen Medien nicht unterschätzen.
Die Entwicklung neuer Ansätze für den Nachweis von Ionen mittels der Elektrochemie und die Miniaturisierung der ionenselektiven optischen Sensoren ist vielversprechend. Vieles bleibt jedoch noch unerforscht. Weitere Arbeiten sind notwendig, um sich auf das Verstehen dieser neuen Abtastwerkzeuge und ihre Anwendung in anspruchsvollen Bereichen zu konzentrieren, die Anforderungen zu identifizieren, die Werkzeugkiste für Materialien zu verbessern und wichtige Anwendungen von analytischer Bedeutung zu demonstrieren.
Literatur:
[1] Bakker, E. et al. (1997) Chem. Rev. 97, 3083–3132
[2] Zhang, L. et al. (2012) Anal. Chem. 84, 3461–3464
[3] Bakker, E. (2014) Trends Anal. Chem. 53C, 98–105
[4] Ghahraman Afshar, M. et al. (2014) Anal. Chem. 86, 6461-6470
[5] Dubach, J. M. et al. (2009) PNAS 106, 16145–16150
[6] Thomas, R. C. et al (1975) Nature 258, 754–756
[7] Xie, X. et al. (2013) Anal. Chem. 85, 9932–9938
[8] Xie, X et al. (2014) Anal. Chem. 86, 2853–2856
[9] Zhai, J. et al. Chem. Comm. submitted
[10] Xie, X et al. (2012) J. Am. Chem. Soc. 134, 1692–-16932
[11] Xie, X & Bakker, E. (2014) ACS Appl. Mater. Interfaces 6, 2666–2670
Headerbild: © Leigh Prather | Fotolia
Erstveröffentlichung:
Xie, X., Bakker, E.,
q&more,
2.2014.