Die Entwicklung neuer Pharmazeutika beruht auf dem zunehmenden Verständnis intrazellulärer Vorgänge. Insbesondere durch die Erforschung von Ligand-Rezeptor-Wechselwirkungen können Wirkstoffe besser angepasst werden. Um Medikamente an ihren Wirkungsort zu bringen, werden sog. „Carrier“-Moleküle eingesetzt, die die Zellmembran überwinden können.
Diese enthalten vor allem basische Aminosäuren, welche die Überwindung der Zellmembran ermöglichen. Mit diesen Grundlagen wurde versucht, auch Peptide mit kationischen Aminosäuren herzustellen, die ebensolche Eigenschaften haben. Sie werden „Cell Penetrating Peptides“ (CPPs) genannt und wurden bereits vielfältig untersucht [1]. Peptide haben aber für ihre Anwendung als Pharmazeutika auch Nachteile: Sie werden rasch enzymatisch abgebaut, sind schlecht oral verfügbar und zudem wenig stabil in verschiedenen pH-Werten oder Temperaturbereichen. Um dies zu umgehen, werden Moleküle gebraucht, die die positiven Eigenschaften von Peptiden mit einer verbesserten Bioverfügbarkeit vereinen. Unter diesen so genannten Peptidomimetica gehören Peptoide zu den prominentesten Vertretern. Sie unterscheiden sich von Peptiden darin, dass die Seitenkette formal vom α-Kohlenstoffatom auf das Stickstoffatom verschoben ist (Abb. 1). Peptoide mit basischen Seitenketten können wie CPPs die Zellmembran überwinden, um so bspw. Wirkstoffe in Zellen zu transportieren. Die Zellgängigkeit wird durch die Markierung mit Fluoreszenzfarbstoffen überprüft, indem die Peptoide in der Zelle über Mikroskopie detektiert werden. Es hat sich gezeigt, dass diese Peptoide neben Farbstoffen auch Metallkomplexe, Nucleinsäuren und Wirkstoffe in Zellen transportieren können.
Abb. 1 Struktur von Peptiden (links) und Peptoiden (rechts).
Synthesestrategien
Ein weiterer Reiz von Peptoiden liegt in der einfachen Synthese, die mit Mikrowellen optimiert werden kann. Wie Peptide werden auch Peptoide meist mittels Festphasensynthese dargestellt, wobei zwei Strategien etabliert sind: Die erste (Monomermethode) kann analog zur klassischen Peptidsynthese durchgeführt werden (Abb. 2). In sich wiederholenden Schritten werden zuvor synthetisierte N-substituierte Glycin-Monomere [2] mithilfe von gängigen Kupplungsreagenzien (HOBt und DIC) an die feste Phase gekuppelt. Wichtig hierbei ist, dass auch bei der Peptoidsynthese eine semipermanente Schützung des N-Terminus mit bspw. einer Fmoc-Schutzgruppe notwendig ist. Die zweite, neuere Synthesestrategie (Submonomer-Methode) nutzt zwei sich wiederholende Schritte aus, die eine größere Substratpalette erlauben (Abb. 3). Zunächst wird Bromessigsäure in einer DIC-vermittelten Kupplung immobilisiert. Anschließend kann in einer Substitution das Bromid durch ein nahezu beliebiges primäres Amin ausgetauscht werden. Dies zeigt bereits den Vorteil dieser Strategie: Primäre Amine sind häufig kommerziell erhältlich, wodurch sich eine enorme strukturelle Vielfalt ergibt [3]. Zudem entfällt eine Schützung des N-Terminus.
Abb. 3 Synthese von Peptoiden mit der Submonomer-Methode.
Klassisch werden alle Reaktionen bei Raumtemperatur durchgeführt, in vielen Fällen hat sich aber auch die mikrowellenunterstützte Synthese bewährt, welche die benötigten Reaktionszeiten deutlich herabsetzt, was u. a. Blackwell und Kodadek zeigen konnten [4, 5]. Für die Darstellung von Peptoiden, die als zellgängige Verbindungen untersucht werden können, hat sich die mikrowellenunterstützte Monomersynthese bewährt, bei der die einzelnen Kupplungsschritte bei 60 °C in lediglich 30 min durchgeführt werden. Auch die abschließende Markierung mit einem geeigneten Fluoreszenzfarbstoff erfolgt bequem in der Mikrowelle (Abb. 3). Sofern eine größere Varianz an Seitenketten gewünscht ist, bietet sich hingegen eine Synthese über die Submonomer-Methode an. Auch hier ist es möglich, die Synthese mikrowellenunterstützt zu führen und so eine deutliche Verbesserung der Reaktionszeiten zu erreichen. Die Acylierung mit Bromessigsäure kann dabei in nur 90 s bei 35 °C durchgeführt werden und die Substitution in 15 min bei 60 °C (vgl. Schema 2). Je nach Sequenz können beide Methoden genutzt werden, um die wichtige Verbindungsklasse der Peptoide darzustellen. In der Tabelle sind noch einmal beide Synthesemöglichkeiten einander gegenübergestellt.
Abb. 3 Synthese von zellgängigen Peptoiden mittels mikrowellenunterstützter Synthese. MW: Mikrowelle; TFA: Trifluoressigsäure.
Durch die Flexibilität der Routen, aber auch durch die Vereinfachung der mikrowellengestützten Synthese erschließt sich so eine nahezu universelle Strategie für eine Vielzahl verschiedenster Vertreter dieser immer wichtiger werdenden Substanzklasse [6, 7]. Neue Anwendungen zeigen, dass neue Materialien auf Peptoidbasis zugänglich sind [ 8].
Tab. Vergleich beider Synthesemethoden, die mittels Mikrowellen durchgeführt werden können.
Literatur:
[1] E. L. Snyder, S. F. Dowdy (2004), Pharm. Res. 21, 389 – 393
[2] J. A. W. Kruijtzer, L. J. F. Hofmeyer, W. Heerma, C. Versluis, R. M. J. Liskamp (1998), Chem. Eur. J. 4, 1570 −1580
[3] R. N. Zuckermann, J. M. Kerr, S. B. H. Kent, W. H. Moos (1992), J. Am. Chem. Soc. 114, 10646−10647
[4] B. C. Gorske, S. A. Jewell, E. J. Guerard, H. E. Blackwell 2005, Org. Lett. 7, 1521−1524
[5] H. J. Olivos, P. G. Alluri, M. M. Reddy, D. Salony, T. Kodadek 2002, Org. Lett. 4, 4057−4059
[6] T. Schröder, N. Niemeier, S. Afonin, A. S. Ulrich, H. F. Krug, S. Bräse (2008), J. Med. Chem. 51, 376–379
[7] B. Rudat, E. Birtalan, S. B. L. Vollrath, D. Fritz, D. K. Kölmel, M. Nieger, U. Schepers, K. Müllen, H.-J. Eisler, U. Lemmer, S. Bräse (2011), Eur. J. Med. Chem. 46, 4457 –446
[8] S. B. L. Vollrath, C. Hu, S. Bräse, K. Kirshenbaum (2013), Chem. Commun. 49, 2317 –2319
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Erstveröffentlichung:
Vollrath, S., Bräse, S.,
labor&more,
6.2013.