01.02.2017 - Technische Universität Wien - Institut für Verbrennungskraftmaschinen u. Kraftfahrzeugbau

Fluoreszierende Farbstoffe aus dem Druckkochtopf

Wasser statt giftiger Lösungsmittel zur Farbstoffherstellung – an der TU Wien wurde ein neues umwelt- und ressourcenschonendes Verfahren zur Herstellung organischer Pigmente entwickelt.

Perylenbisimide stellen eine in der Wissenschaft sehr stark untersuchte Klasse an chemischen Stoffen dar, da sie interessante Farbstoffe sind. Werden diese rötlichen Pigmente aufgelöst, entstehen fluoreszierende Lösungen, die unter UV-Licht in einer gelblich-grünen Farbe leuchten. Neben der optisch sehr ansprechenden Farbe zeigen organische Moleküle, die unter Tageslicht gefärbt erscheinen, oft auch elektronische Eigenschaften. Dadurch sind sie vielversprechende Materialien für Anwendungen als organische Halbleiter, aber auch in LCD-Displays oder Solarzellen.

Komplizierte Herstellung anders gedacht

Dr. Miriam M. Unterlass vom Institut für Materialchemie der TU Wien und ihr Team haben in einer gerade veröffentlichten Studie über 20 verschiedene Farbstoffe hergestellt. Das ist an sich noch nicht besonders beeindruckend, die Herstellungsweise allerdings schon: Normalerweise verwendet man für die Herstellung von Perylenbisimiden äußerst giftige Lösungsmittel. Außerdem benötigen konventionelle Methoden einen hohen Überschuss an Ausgangsstoffen, sowie den Einsatz teurer und giftiger chemischer Katalysatoren. Schließlich müssen die Endprodukte noch aufwendig gereinigt werden, um zu reinen Endprodukten zu kommen. Alles in allem ein sehr aufwändiger Prozess. "Wir setzen die entsprechenden Ausgangsmoleküle in einem Verhältnis von 1:1 ein, ohne jeglichen Überschuss also. Die Ausgangsstoffe werden dann in Wasser in einem geschlossenen Reaktor auf 200˚C erhitzt, wodurch erhöhter Druck entsteht", erklärt Miriam Unterlass. "Im Grunde funktioniert der Reaktor wie ein Druckkochtopf." Solche Reaktionen in heißem Wasser unter Druck nennt man Hydrothermalsynthesen. Nach vollständiger Reaktion erhält man die fertigen Perylenbisimidfarbstoffe von hoher Reinheit – ganz ohne aufwendige Reinigungsverfahren. Für elektronische Anwendungen werden Perylenbisimide meist von Physikern und Ingenieuren implementiert, denen oft keine chemischen Laboratorien zur Verfügung stehen. Die neue, unkomplizierte hydrothermale Synthese erleichtert den Zugang zur Materialklasse der Perylenbisimide und ist daher ein wichtiger Schritt in Richtung Anwendbarkeit.

Von großen zu kleinen Molekülen

Vor kurzem wurde ein neues Herstellungsverfahren für Hochleistungspolymere, welches ebenfalls in heißem Wasser durchgeführt wird, in der Arbeitsgruppe von Dr. Unterlass entwickelt. Mit der hydrothermalen Herstellung von Perylenbisimidfarbstoffen, konnte nun erstmals gezeigt werden, dass auch kleine organische Moleküle "im Druckkochtopf" hergestellt werden können. Diese Reihenfolge der Entwicklungen ist eher unkonventionell. Der übliche Weg wäre es, neue Synthesen zunächst für kleine Moleküle zu entwickeln, und die gewonnen Erkenntnisse dann später auf Polymere – also große Moleküle – umzulegen, denn im Normalfall sind kleine Moleküle  einfacher herzustellen. Im Falle der Perylenbisimide stellte die hydrothermale Herstellung allerdings eine große Herausforderung dar. Sie sind sehr apolar, mögen also kein Wasser – bei Raumtemperatur. Durch das Aufheizen des Wassers zu erhöhten Temperaturen kann diese Problematik erfolgreich umgangen werden.

Fakten, Hintergründe, Dossiers

Mehr über TU Wien - IFA

  • News

    Neuronale Hardware für Bilderkennung in Nanosekunden

    Automatische Bilderkennung ist heute weit verbreitet: Es gibt Computerprogramme, die mit großer Zuverlässigkeit Hautkrebs diagnostizieren, selbstfahrende Autos navigieren oder Roboter steuern. Bisher beruhte das alles auf der Auswertung von Bilddaten, wie sie von ganz normalen Kameras gelie ... mehr

    Besser sehen durch Schall

    Einzelne Moleküle kann man nicht fotografieren. Wenn man Objekte abbilden will, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, muss man sich besondere Tricks einfallen lassen. Man verwendet etwa Elektronenmikroskope oder bestimmt die Position bestimmter fluoreszierender Moleküle, indem ma ... mehr

    Verblüffender Effekt ermöglicht bessere Palladium Katalysatoren

    Normalerweise haben Atome in der Chemie nur Einfluss auf ihre unmittelbare Nachbarschaft. An der TU Wien entdeckte man nun einen Effekt mit erstaunlich langer Reichweite, der Fahrzeugkatalysatoren effektiver machen kann. Wie die Schokoladenglasur einer Torte schmeckt, sollte nicht davon abh ... mehr

  • q&more Artikel

    Organs-on-a-Chip

    Ziel der personalisierten Medizin oder Präzisionsmedizin ist es, den Patienten über die funktionale Krankheitsdiagnose hinaus unter bestmöglicher Einbeziehung individueller Gegebenheiten zu behandeln. Organ-on-a-Chip-Technologien gewinnen für die personalisierte Medizin sowie die pharmazeut ... mehr

    Das Herz in der Petrischale

    Regenerative Medizin stellt eine der großen Zukunftshoffnungen und Entwicklungsperspektiven in der medizinischen Forschung des 21. Jahrhunderts dar. Revolu­tionäre Resultate konnten bereits durch gentechnische Eingriffe erzielt werden, ­wobei allerdings ethische und regulatorische Aspekte e ... mehr

q&more – die Networking-Plattform für exzellente Qualität in Labor und Prozess

q&more verfolgt den Anspruch, aktuelle Forschung und innovative Lösungen sichtbar zu machen und den Wissensaustausch zu unterstützen. Im Fokus des breiten Themenspektrums stehen höchste Qualitätsansprüche in einem hochinnovativen Branchenumfeld. Als moderne Wissensplattform bietet q&more den Akteuren im Markt einzigartige Networking-Möglichkeiten. International renommierte Autoren repräsentieren den aktuellen Wissenstand. Die Originalbeiträge werden attraktiv in einem anspruchsvollen Umfeld präsentiert und deutsch und englisch publiziert. Die Inhalte zeigen neue Konzepte und unkonventionelle Lösungsansätze auf.

> mehr zu q&more

q&more wird unterstützt von: