04.08.2016 - Weizmann Institute of Science

Haltbarkeit günstiger Solarzellen verbessert

Die Stabilität eines sehr leistungsfähigen und günstigen Ausgangsmaterials für Solarzellen konnte wesentlich gesteigert werden. Die Materialmanipulationen, die das ermöglichen, wurden in einem vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten internationalen Projekt mitentwickelt.

Bleihaltige Perowskite sind der Darling der Solarzellen-Forschung: Das kristalline Material bietet sich für günstige Herstellungsverfahren an und hat mit über 20 Prozent einen enorm hohen Wirkungsgrad in vergleichsweise kurzer Zeit erreicht. Ein wesentlicher Nachteil des Materials bleibt jedoch seine Instabilität. Dass diese durch geschicktes Dotieren mit Chlorid-Ionen deutlich verringert werden kann, zeigte vor kurzem ein Erwin-Schrödinger-Stipendiat des FWF in einer Zusammenarbeit mit Forschern rund um Aaron Fafarman von der Drexel University in Philadelphia, USA.

Hochdotiert

David Egger, der sein Stipendium zur Forschung am Department of Materials and Interfaces des Weizmann-Instituts für Wissenschaften in Israel nutzt, konnte mit seinen Kollegen zeigen, dass bestimmte Perowskite sich mit Chlorid anreichern (dotieren) lassen – und dies die Lebensdauer des funktionellen Materials unter bestimmten Bedingungen um bis zu zwei Größenordnungen steigert. Dazu Egger: „Wir untersuchten Perowskite aus Cäsium, Blei und Jodid. Ein Problem ist die Stabilität der für Anwendungen interessanten Phase dieses Materials bei praktisch relevanten Bedingungen, bei welchen in einem Phasenübergang die hervorragenden fotovoltaischen Vorteile sofort verloren gehen.“

Vorahnung

Tatsächlich gab es bereits Hinweise aus Arbeiten mit Perowskiten, die statt Jodid Chlor-Ionen enthielten und ahnen ließen, dass eine Chlorid-Anreicherung des Materials dessen Stabilität erhöhen würde. Doch stellte sich heraus, dass die Chlorid-Anreicherung von Jodid-haltigen Perowskiten ausgesprochen schwierig ist. Egger, seine Kollegen wählten einen interdisziplinären Zugang um dennoch herauszufinden, ob Chlorid sich positiv auf die Stabilität cäsiumhaltiger Perowskite auswirken würde. „Einerseits konnten wir mit atomistischen Simulationen zeigen, dass sich Chlorid schnell im Material bewegen kann, leicht in dieses einzubauen ist und dessen Stabilität erhöhen würde. Unsere Kollegen aus der experimentellen Physik entwarfen schließlich andererseits einen neuen Herstellungsprozess, um Chlor ins Material einzubringen, was mit einem chemischen Sinterprozess auch gelang“, erläutert Egger die internationale Zusammenarbeit zwischen dem Weizmann-Institut in Israel und Forschern der Drexel University und University of Pennsylvania in den USA.

Überraschung

Überrascht war das Forscherteam dann, als es die Stabilität des neu entstandenen Cäsium-Blei-Jodid-Chlorid analysierte. Da die neuartigen Perowskite oftmals besonders instabil im Kontakt mit Wasser sind, untersuchten sie die Stabilität der neuen Materialmischungen bei verschiedenen Luftfeuchtigkeiten. Tatsächlich zeigte das neue Material bei 54 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit eine sechsfach längere Halbwertzeit als Kontrollmaterialien ohne Chlorid-Dotierung. Bei einer geringeren Luftfeuchtigkeit von elf Prozent verlängerte sich die Halbwertzeit sogar weiter.

Dazu Egger: „Die Verlängerung der Halbwertzeit der für Solarzellen interessanten Phase war bei elf Prozent Luftfeuchtigkeit so enorm, dass wir innerhalb der durch unsere Gerätevoraussetzungen maximal möglichen 96 Stunden keinen Phasenübergang des Cäsium-Blei-Jodid-Chlorid mehr messen konnten. Bei undotiertem Material hingegen passierte dies viel schneller, womit wir eine Verlängerung der Halbwertzeit um mindestens zwei Größenordnungen bestätigen konnten.“ Indem sie Ergebnisse aus Experiment und Theorie erneut kombinierten, bestimmte das Forscherteam schließlich den Anteil der Chlor-Ionen in dem neu hergestellten Material und stellte fest, dass eine Anreicherung über zwei Prozent hinaus nicht möglich ist. Diese grundlegenden Erkenntnisse, die Egger im Rahmen seines Schrödinger-Stipendiums des FWF im Team erarbeiten konnte, liefern einen wichtigen neuen Ansatz, um das enorme Potenzial von Solarzellen auf Perowskit-Basis tatsächlich praktisch nutzbar zu machen.

Fakten, Hintergründe, Dossiers

  • Weizmann Institute…
  • Chlor
  • Drexel University
  • University of Pennsylvania

Mehr über Weizmann Institute of Science

Mehr über Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung

  • News

    Viren-Killer in alten Heilpflanzen aufspüren

    Viele Organismen müssen sich gegen Fressfeinde, Krankheiten oder Schädlinge wehren. Mit ihren Stoffwechselprodukten bestücken sie ein chemisches Arsenal, das seit Menschengedenken in der Heilkunde verwendet wird. Mit modernen Methoden durchforstet ein Team um Judith Rollinger überliefertes ... mehr

    Ordnung und Wissen in die Datenflut bringen

    Eine Forschungsgruppe von der Fachhochschule St. Pölten hat im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Projekts eine vielseitig einsetzbare Umgebung zur Datenvisualisierung entwickelt, in der auf einfache Weise Expertenwissen integriert werden kann. Die Aufbereitung großer Date ... mehr

    Wie man Biosprit aus Hefezellen gewinnt

    Biologisch hergestellter Treibstoff ist einer der Hoffnungsträger einer künftigen Energiewende. Verbrennungsmotoren mit klimaneutral hergestelltem Diesel oder Benzin könnten neben E-Mobilität den Ausstieg aus fossilen Energieträgern unterstützen. Derzeit muss dieser „Biosprit“ aber aus hoch ... mehr

q&more – die Networking-Plattform für exzellente Qualität in Labor und Prozess

q&more verfolgt den Anspruch, aktuelle Forschung und innovative Lösungen sichtbar zu machen und den Wissensaustausch zu unterstützen. Im Fokus des breiten Themenspektrums stehen höchste Qualitätsansprüche in einem hochinnovativen Branchenumfeld. Als moderne Wissensplattform bietet q&more den Akteuren im Markt einzigartige Networking-Möglichkeiten. International renommierte Autoren repräsentieren den aktuellen Wissenstand. Die Originalbeiträge werden attraktiv in einem anspruchsvollen Umfeld präsentiert und deutsch und englisch publiziert. Die Inhalte zeigen neue Konzepte und unkonventionelle Lösungsansätze auf.

> mehr zu q&more

q&more wird unterstützt von: