12.05.2015 - Friedrich-Schiller-Universität Jena

Das älteste Labortier der Welt

Das Axolotl, ein Schwanzlurch aus der Familie der Querzahnmolche, ist ein wundersames Wesen. Das Verblüffendste an „Ambystoma mexicanum“ – so der lateinische Name des Tieres – ist wohl die Tatsache, dass Axolotl ihr Leben lang im Larvenstadium verbleiben. Es scheint, als kennen die Tiere das Geheimnis ewiger Jugend. Diese und weitere Eigenschaften des Lurchs machen ihn zu einem Forschungsobjekt par excellence. Wissenschaftler der Universitäten Regensburg und Jena haben nun in einer Fachzeitschrift die 150-jährige Geschichte der Axolotl-Forschung beschrieben. Ihr Beitrag „The History of The Oldest Self-Sustaining Laboratory Animal: 150 Years of Axolotl Research“ ist soeben im Journal of Experimental Zoology erschienen.

Beteiligt waren der Biologiedidaktiker und Wissenschaftshistoriker Prof. Dr. Uwe Hoßfeld sowie der Zoologe Prof. Dr. Lennart Olsson von der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie der Wissenschaftshistoriker Dr. Christian Reiß von der Universität Regensburg, der in Jena mit einer Arbeit über das Axolotl promoviert wurde. In direkter Reaktion auf die Veröffentlichung wurde den drei Wissenschaftlern noch eine besondere Ehre zuteil: Henry Gee, der Senior-Editor für Biologie im Wissenschaftsjournal „Nature“, thematisierte den Axolotl-Beitrag in seinem Wissenschaftsblog.

„Die ersten Axolotl brachte Alexander von Humboldt von seinen Forschungsreisen mit“, sagt Prof. Hoßfeld. Zunächst habe es sich um zwei präparierte Tiere gehandelt. Sie wurden als Larven einer noch unbekannten Spezies klassifiziert. Lebend kamen erstmals 1864 Axolotl nach Europa. Eine französische Expedition hatte die 34 Tiere, deren einziges bekanntes Vorkommen im Seensystem im Tal von Mexiko liegt, nach Paris gesandt. Empfänger war die „Société impériale zoologique d'acclimatation“, eine Gesellschaft, die gegründet worden war, um exotische Lebewesen in neue Lebensräume zu verpflanzen. Von Paris aus kamen die Axolotl sowohl in die Aquarien von Liebhabern exotischer Wesen als auch in die Labore der Wissenschaftler. Auf diese Weise entwickelte sich eine europäische und später globale Axolotlpopulation, unabhängig von den Tieren in der mexikanischen Heimat.

Erstaunt nahmen die Zoologen zur Kenntnis, dass Axolotl über eine nahezu perfekte Regenerationsfähigkeit verfügen: Im Versuch wuchsen abgetrennte Gliedmaßen vollständig wieder nach. Verblüffend war zudem, dass manche Axolotl das Larvenstadium hinter sich ließen und an Land gingen. Die Mehrzahl der Tiere lebt jedoch aquatisch, das heißt, Axolotl verbringen ihr ganzes Leben im Wasser. „Offenbar würde das Verlassen ihrer Tümpel den Tieren keinen Vorteil verschaffen“, sagt Uwe Hoßfeld.

In Jena führte der Haeckel-Schüler Julius Schaxel ab 1918 Experimente mit Axolotls durch. Bis heute sind die Tiere – Nachfahren jener 34 aus Paris – beliebte Untersuchungsobjekte. Hingegen sieht es für ihre wilden Verwandten in Mexiko-City düster aus. Als 2014 eine Bestandsaufnahme gemacht wurde, konnte kein einziges lebendes Exemplar gefunden werden.

Mehr über Uni Jena

  • News

    So könnten die ersten Biomoleküle entstanden sein

    Die chemischen Vorstufen unserer heutigen Biomoleküle könnten nicht nur in der Tiefsee an hydrothermalen Quellen entstanden sein, sondern auch in warmen Tümpeln an der Erdoberfläche. Die chemischen Reaktionen, die in dieser „Ursuppe“ möglicherweise stattgefunden haben, hat ein international ... mehr

    Fitness ist auch eine Frage des Timings

    Alles Leben auf der Erde verläuft im 24-Stunden-Takt: Von den kleinsten Bakterien bis zu den Menschen passen sich Organismen an den Wechsel von Tag und Nacht an. Dabei helfen ihnen die Wahrnehmung äußerer Faktoren, wie Licht und Temperatur, und deren Wechsel im Tag-Nacht-Verlauf. Zusätzlich ... mehr

    Wasserstoff katalytisch gewinnen – ohne teure Edelmetalle

    Ein Forschungsteam der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat ein von der Natur inspiriertes molekulares Photosystem entwickelt, das unter Einstrahlung von sichtbarem Licht Wasserstoff erzeugt. Anders als bisherige Systeme dieser Art kommt es ohne Edel- oder Schwermetalle aus. Umweltverträ ... mehr

  • q&more Artikel

    Effektive Wirkstoff-Navigation bei Sepsis

    Viele Wirkstoffkandidaten gelangen wegen Nebenwirkungen nicht zur klinischen Anwendung. So können z.B. Inhibitoren der Phosphoinositid-3-Kinase-γ, eines Signalproteins, das bei Infektionen eine bedeutende Rolle spielt, wegen Nebenwirkungen auf die Immunantwort nicht verwendet werden. mehr

    Gene auf Zucker

    Der gezielte Transport von DNA und RNA mit Vektoren, meist aus synthetischen Polymeren, in Zellkulturen gehört mittlerweile zum festen Repertoire der biologischen Forschung und Entwicklung, was die Vielzahl an kommerziellen Kits zeigt. Allerdings gestalten sich bisher nicht nur viele Laborv ... mehr

    Sex oder Tod

    Diatomeen sind einzellige Mikroalgen, die aufgrund ihrer filigranen und reich verzierten mineralisierten Zellwand auch als Kieselalgen bezeichnet werden. Trotz ihrer mikroskopisch kleinen Zellen spielen ­diese Algen eine fundamentale ­Rolle für marine Ökosysteme und sind sogar zentrale Akte ... mehr

  • Autoren

    Prof. Dr. Ulrich S. Schubert

    Ulrich S. Schubert, Jahrgang 1969, ist Lehrstuhlinhaber (W3) für Organische und Makromolekulare Chemie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er studierte Chemie an den Universitäten Frankfurt und Bayreuth und promovierte anschließend an den Universitäten Bayreuth und South Florida, Ta ... mehr

    Prof. Dr. Thomas Heinze

    Thomas Heinze, Jahrgang 1958, studierte Chemie an der FSU Jena, wo er 1985 promovierte und nach dem Postdoc an der Katholischen Universität Leuven (Belgien) 1997 habilitierte. 2001 folgte er dem Ruf auf eine Professur für Makromolekulare Chemie an die Bergische Universität Wuppertal. Seit 2 ... mehr

    Prof. Dr. Dagmar Fischer

    Dagmar Fischer ist approbierte Apothekerin und promovierte 1997 im Fach Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der Philipps-Universität Marburg. Nach einem Aufenthalt am Texas Tech University Health Sciences Center, USA, sammelte sie mehrere Jahre Erfahrung als Leiterin der Präklin ... mehr

q&more – die Networking-Plattform für exzellente Qualität in Labor und Prozess

q&more verfolgt den Anspruch, aktuelle Forschung und innovative Lösungen sichtbar zu machen und den Wissensaustausch zu unterstützen. Im Fokus des breiten Themenspektrums stehen höchste Qualitätsansprüche in einem hochinnovativen Branchenumfeld. Als moderne Wissensplattform bietet q&more den Akteuren im Markt einzigartige Networking-Möglichkeiten. International renommierte Autoren repräsentieren den aktuellen Wissenstand. Die Originalbeiträge werden attraktiv in einem anspruchsvollen Umfeld präsentiert und deutsch und englisch publiziert. Die Inhalte zeigen neue Konzepte und unkonventionelle Lösungsansätze auf.

> mehr zu q&more

q&more wird unterstützt von: