10.10.2022 - Max-Planck-Institut für Polymerforschung

Lichtkraft im Mini-Reaktor

Wie Licht Prozesse in künstlichen Zellen steuert

Synthetische – also künstlich hergestellte Zellen – können bestimmte Funktionen biologischer Zellen nachahmen. Diese könnten in Zukunft neue medizinische Möglichkeiten erlauben. Im Labor können solche Zellen als „Mini-Reaktoren“ bereits heute bei chemischen Prozessen helfen, die auf einem Miniaturmaßstab ablaufen. Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung haben nun eine Methode entwickelt, um den Ablauf dieser chemischen Prozesse mit Hilfe von Licht zu steuern.

Die in biologischen Zellen ablaufenden Prozesse sind komplex: Chemische Reaktionen tragen zum Beispiel dazu bei, bestimmte vom Körper benötigte Stoffe herzustellen – sei es zur Energielieferung oder auch zur Abwehr von Krankheiten. Biologische Zellen regeln hierfür über ihre Hülle – die Zellmembran – welche Stoffe von der Zelle aufgenommen und welche wieder ausgeschieden werden.

Künstlich hergestellte Zellen mit einer Größe von ca. 20-50 millionstel Metern (20-50 µm) sind heute bereits in der Lage, solche Funktionen im Labor nachzubilden. In eine aus Polymeren hergestellte Hülle, dem sogenannten „Kompartment“, wird eine aktive Komponente verpackt, welche z. B. eine enzymatische Reaktion ermöglicht.

„Eine biologische Zelle kann sterben – mit künstlichen Zellen können wir Miniatur-Reaktoren bauen, die über eine viel größere Zeitspanne genutzt werden können“, erklärt Lucas Caire da Silva, der im Arbeitskreis von Katharina Landfester an diesen Zellen forscht. „Das Problem an diesen Mini-Reaktoren war jedoch bisher, dass wir nicht steuern konnten, ob ein Stoff in die Zelle eindringen kann. Allgemein sind die Hüllen dieser künstlichen Zellen schwer zu durchdringen.“

Dies haben die Forschenden um da Silva und Landfester nun geändert: Sie haben spezielle, auf Licht reagierende Moleküle entwickelt, die sie in die Polymermembranen integriert haben, um damit Kanäle/Öffnungen zu erzeugen. Dadurch erhöht sich die Durchlässigkeit der Hülle, wenn sie mit UV-Licht bestrahlt wird. Wird die Hülle dann wieder mit sichtbarem Licht bestrahlt, lässt sich dieser Prozess auch wieder umkehren.

„Mit diesem Ansatz können wir genau steuern, wann eine Substanz in das „Kompartment“ eintritt, so dass wir eine chemische Reaktion zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort auslösen können“, so da Silva.

Die Wissenschaftler*innen hoffen, dass sie mit ihren Mini-Reaktoren in Zukunft Reaktionen, die eigentlich in biologischen Zellen ablaufen, auf einem Mikro-Maßstab steuern können und sehen für diese Technologie viele Anwendungen, z. B. in der Medizin.

Fakten, Hintergründe, Dossiers

  • künstliche Zellen
  • chemische Reaktionen
  • Polymermembranen

Mehr über MPI für Polymerforschung

  • News

    Es geht um die Wurst

    Der richtige Knack der Wurst ist nicht zuletzt eine Sache der Physik. Ein Team des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung in Mainz hat untersucht, wie die Eigenschaften von pflanzlichen Proteinen das Mundgefühl vegetarischer und veganer Würste beeinflussen. Auf Basis der dabei gewonnenen ... mehr

    Grüne Welle für „Gen-Taxis“

    Viren helfen Forschenden dabei, Gene in Zellen zu schleusen – damit diese beispielsweise pharmazeutische Wirkstoffe herstellen. Spezielle Peptide kurbeln den Vorgang an. Verstanden allerdings war die Effizienzsteigerung bislang kaum. Ein Forscherteam des MPI für Polymerforschung, der Univer ... mehr

    Mit Physik mehr Bier im Glas

    Ist Schaum in der Badewanne oder auf dem Bier durchaus gewünscht, ist die Vermeidung von Schaum – beispielsweise in industriellen Prozessen – ein viel diskutiertes Thema. Oftmals werden Flüssigkeiten Öle oder Teilchen hinzugefügt, um Schaumbildung zu verhindern. Wenn diese gesundheits- oder ... mehr

Mehr über Max-Planck-Gesellschaft

  • News

    Ein neues Mikroskop beleuchtet die Funktionsweise von Nervenzellen tief im Gehirn

    Wie finden wir heraus, was in Nervenzellen tief im Gehirn vor sich geht, während ein Tier aktiv ist? Forschende des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie des Verhaltens – caesar (MPINB) haben ein Miniatur-Mikroskop entwickelt, das Mäuse auf dem Kopf tragen können, während sie sich uneinges ... mehr

    Organentwicklung messen

    Ein Forscherteam aus Dresden und Wien entdeckt Zusammenhang zwischen der Verbindung dreidimensionaler Gewebestrukturen und der Entstehung ihrer Architektur. Das ermöglicht selbstorganisierende Gewebe zu entwickeln, die menschliche Organe simulieren. Die Organe im menschlichen Körper bestehe ... mehr

    Zurück in die Zukunft der Photosynthese

    Das zentrale Enzym der Photosynthese, Rubisco, ist das häufigste der Erde. Aber wie entwickelte sich Rubisco, und wie passte es sich den Veränderungen im Laufe der Erdgeschichte an? Durch Rekonstruktion von Milliarden Jahre alten Enzymen gelang es Forschern des Max-Planck-Instituts für terr ... mehr

q&more – die Networking-Plattform für exzellente Qualität in Labor und Prozess

q&more verfolgt den Anspruch, aktuelle Forschung und innovative Lösungen sichtbar zu machen und den Wissensaustausch zu unterstützen. Im Fokus des breiten Themenspektrums stehen höchste Qualitätsansprüche in einem hochinnovativen Branchenumfeld. Als moderne Wissensplattform bietet q&more den Akteuren im Markt einzigartige Networking-Möglichkeiten. International renommierte Autoren repräsentieren den aktuellen Wissenstand. Die Originalbeiträge werden attraktiv in einem anspruchsvollen Umfeld präsentiert und deutsch und englisch publiziert. Die Inhalte zeigen neue Konzepte und unkonventionelle Lösungsansätze auf.

> mehr zu q&more

q&more wird unterstützt von: