05.08.2022 - Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Eine molekulare Maschine bei der Arbeit

Forschende entschlüsseln den Zusammenbau eines Enzyms, das das Treibhausgas N₂O abbaut

Das Treibhausgas Distickstoffmonoxid (N2O) entsteht als Nebenprodukt industrieller Prozesse und durch den Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft. Es leistet einen stetig wachsenden Beitrag zum Klimawandel und zum Abbau der Ozonschicht. Dabei ist es chemisch so unreaktiv, dass es für sehr lange Zeit in der Atmosphäre verbleibt. In der Natur ist bislang nur ein einziges Enzym bekannt, das dieses Gas in harmlosen Stickstoff und Wasser umwandeln kann: die N2O-Reduktase. Diese ist jedoch ein kupferhaltiges Metallenzym und als solches empfindlich gegenüber dem Sauerstoff in unserer Atemluft. Dr. Christoph Müller und Dr. Lin Zhang aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Oliver Einsle am Institut für Biochemie der Universität Freiburg haben nun zusammen mit Prof. Dr. Juan Du und Prof. Dr. Wei Lü vom Van Andel Research Institute in Grand Rapids/USA einen wesentlichen Fortschritt im Verständnis dieses Enzyms erzielt.

Komponenten einer molekularen Maschine isoliert und charakterisiert

Im Hinblick auf biotechnologische Anwendungen der N2O-Reduktase ist von entscheidender Bedeutung, die Bereitstellung von Kupferionen während des Zusammenbaus des Enzyms in der Zelle zu verstehen und zu kontrollieren. Die Wissenschaftler*innen haben daher die Komponenten einer mehrteiligen molekularen Maschine, die diesen Zusammenbau bewerkstelligt, isoliert und mittels Kryo-Elektronenmikroskopie charakterisiert. Ihre Arbeiten haben sie in Nature vorgestellt.

Mechanischer Prozess: Reifung der Metallzentren der N2O-Reduktase

Die Reifung der Metallzentren der N2O-Reduktase ist ein überraschend mechanischer Prozess, in dem Konformationsänderungen des Membranproteins NosDFY durch den Verbrauch von biochemischer Energie in der Zelle ausgelöst werden. Dies versetzt den Komplex in die Lage, ein einzelnes Kupferion von einem speziellen Transportprotein, NosL, zu übernehmen und dann der noch kupferfreien oder nur teilassemblierten N2O-Reduktase anzubieten.

Neue Funktion entdeckt

Durch eine Vielzahl hoch aufgelöster Strukturmodelle konnten die Forschenden die Einzelschritte dieses komplexen Prozesses in hohem Detail abbilden und verstehen. Sie entdeckten eine bisher nicht beschriebene Funktion dieser wichtigen Klasse von Membranproteinen und machten einen großen Schritt hin zu einer Nutzbarmachung des Enzyms N2O-Reduktase zur Reduktion atmosphärischen Distickstoffmonoxids.

Fakten, Hintergründe, Dossiers

  • Distickstoffmonoxid
  • Enzyme
  • N2O-Reduktase

Mehr über Uni Freiburg

  • News

    Neue Erkenntnisse zur Entstehung des Immunsystems im Gehirn

    Was ins Gehirn gelangt und was nicht, wird streng kontrolliert. Forscher*innen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg haben jetzt Fresszellen untersucht, die die Blutgefäße im Gehirn ummanteln und die Blut-Hirn-Schranke verstärken. Wie die Wissenschaftler*innen vom Institut für ... mehr

    Lungengewebe aus dem Labor

    Laboruntersuchungen an Lungengewebe erforderten bisher meist die Entnahme größerer Mengen menschlichen oder tierischen Gewebes. Nun ist es Wissenschaftler*innen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg gemeinsam mit amerikanischen Forschenden gelungen, aus wenigen Körperzellen im ... mehr

    Komplexe Wege beeinflussen Zeitverzögerung in der Ionisation von Molekülen

    Wie können Wissenschaftler*innen den Mechanismus der Photoionisation nutzen, um Einblicke in komplexe molekulare Potentiale zu gewinnen? Diese Frage hat ein Team um Prof. Dr. Giuseppe Sansone vom Physikalischen Institut der Universität Freiburg nun beantworten können. Ihre Ergebnisse haben ... mehr

  • q&more Artikel

    Modulare Biofabriken auf Zellebene

    Der „gebürtige Bioorganiker“ hatte sich bei seiner Vorliebe für komplexe Molekülarchitekturen nie die klassische Einteilung von synthetischen Polymeren und biologischen Makromolekülen zu eigen gemacht. Moleküle sind nun mal aus Atomen zusammengesetzt, die einen wie die anderen, warum da ein ... mehr

    Lesezeichen

    Aus einer pluripotenten Stammzelle kann sowohl eine Muskel- als auch eine Leberzelle entstehen, die trotz ihres unterschiedlichen Erscheinungsbildes genetisch identisch sind. Aus ein und demselben ­Genotyp können also verschiedene Phänotypen entstehen – die Epigenetik macht es möglich! Sie ... mehr

  • Autoren

    Dr. Stefan Schiller

    Stefan M. Schiller, Jg. 1971, studierte Chemie mit Schwerpunkt Makromolekulare und Biochemie in Gießen, Mainz und an der University of Massachusetts. Er promovierte bis 2003 am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz über biomimetische Membransysteme, es folgten Forschungsaufentha ... mehr

    Julia M. Wagner

    Julia M. Wagner studierte Pharmazie in Freiburg (Approbation 2008). Seit 2008 ist sie Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitskreis von Professor Dr. M. Jung. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit der zellulären Wirkung von Histon-Desacetylase-Inhibitoren. mehr

    Prof. Dr. Manfred Jung

    Manfred Jung hat an der Universität Marburg Pharmazie studiert (Approbation 1990) und wurde dort in pharmazeutischer Chemie bei W. Hanefeld promoviert. Nach einem Postdoktorat an der Universität Ottawa, Kanada begann er 1994 am Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Münster mit ... mehr

q&more – die Networking-Plattform für exzellente Qualität in Labor und Prozess

q&more verfolgt den Anspruch, aktuelle Forschung und innovative Lösungen sichtbar zu machen und den Wissensaustausch zu unterstützen. Im Fokus des breiten Themenspektrums stehen höchste Qualitätsansprüche in einem hochinnovativen Branchenumfeld. Als moderne Wissensplattform bietet q&more den Akteuren im Markt einzigartige Networking-Möglichkeiten. International renommierte Autoren repräsentieren den aktuellen Wissenstand. Die Originalbeiträge werden attraktiv in einem anspruchsvollen Umfeld präsentiert und deutsch und englisch publiziert. Die Inhalte zeigen neue Konzepte und unkonventionelle Lösungsansätze auf.

> mehr zu q&more

q&more wird unterstützt von: