30.08.2021 - Universität Hamburg

AIMe – Ein Standard für Künstliche Intelligenz in der Biomedizin

Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligten mehrerer Universitäten hat ein standardisiertes Register für die Arbeit mit Künstlicher Intelligenz (KI) in der Biomedizin vorgeschlagen, um die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu verbessern und Vertrauen in die Benutzung von KI-Algorithmen in der biomedizinischen Forschung und zukünftig auch im Klinikalltag zu schaffen. Ihren Vorschlag haben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Methods“ präsentiert.

In den letzten Jahrzehnten konnten aufgrund neuer Technologien verschiedenste Systeme entwickelt werden, die z. B. in der Krebsforschung riesige Mengen von biomedizinischen Daten erzeugen können. Parallel dazu entwickelten sich völlig neue Möglichkeiten, diese Daten mit Methoden der künstlichen Intelligenz zu untersuchen und auszuwerten. Beispielsweise können KI-Algorithmen auf Intensivstationen anhand großer Datenmengen von mehreren Überwachungssystemen frühzeitig ein Kreislaufversagen vorhersagen, indem sie viele komplexe Informationen aus verschiedenen Quellen gleichzeitig verarbeiten, was die menschlichen Fähigkeiten weit übertrifft.

Dieses große Potential von KI-Systemen führt zu einer unüberschaubaren Anzahl von biomedizinischen KI-Anwendungen, die sich aber nicht immer an bewährte Verfahren halten oder über deren Funktionsweise, verwendete Algorithmen oder die Datenherkunft in wissenschaftlichen Publikationen nur unvollständige Angaben gemacht werden. Dadurch werden die Beurteilung und umfassende Vergleiche von KI-Modellen erschwert. Die Entscheidungen der KI sind nicht immer nachvollziehbar und es entstehen Ergebnisse, die nicht vollständig reproduzierbar sind. Diese Situation ist natürlich gerade in der klinischen Forschung unhaltbar, da hier das Vertrauen in KI-Modelle und transparente Präsentation von Forschungsergebnissen von entscheidender Bedeutung sind, um die Akzeptanz von KI-Algorithmen zu steigern und verbesserte KI-Methoden für die biomedizinische Grundlagenforschung zu entwickeln.

Ein internationales Forschungsteam unter der gemeinsamen Leitung der Arbeitsgruppe „Computational Systems Biology“ der Universität Hamburg und dem „Biomedical Network Science Lab“ der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat zur Lösung dieses Problems das von der Wissenschaftscommunity betriebene Register AIMe (Registry for Artificial Intelligence in biomedical Research) vorgeschlagen, das Nutzern neuer biomedizinischer KI ermöglicht, leicht zugängliche, durchsuchbare und zitierfähige Berichte zu erstellen, die von der wissenschaftlichen Gemeinschaft untersucht und geprüft werden können.

Das frei zugängliche Register besteht aus einem anwenderfreundlichen Webdienst, der durch den AIMe-Standard führt und es Nutzern von biomedizinischer KI ermöglicht, vollständige und standardisierte Berichte zu den verwendeten KI-Modellen zu erstellen, indem alle relevanten Informationen zu der KI-Anwendung abgefragt werden. Im Anschluss an die Eingabe wird eine eindeutige AIMe-Kennung erstellt, die dafür sorgt, dass der Eintrag langfristig auffindbar bleibt und in Publikationen angegeben werden kann. Dadurch können Autoren in Artikeln für Fachzeitschriften auf die aufwendige Beschreibung aller Facetten der verwendeten KI verzichten und einfach auf den Eintrag im AIMe-Register verweisen.

Da das Register als eine von der Wissenschaftscommunity betriebene Web-Plattform konzipiert ist, kann jeder Nutzer zu bestehenden Einträgen Fragen stellen, Kommentare abgeben oder Verbesserungen vorschlagen. Dieses Feedback aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft wird auch in der jährlichen Aktualisierung des AIMe-Standards aufgenommen und interessierte Forschende können dem AIMe-Lenkungsausschuss beitreten, um sich stärker in die weitere Standardisierung der biomedizinischen KI einzubringen.

„Das AIMe-Register bietet neben der einfachen Registrierung von KI-Methoden in zitierfähiger Form auch die Möglichkeit nach vorhandenen KI-Systemen zu suchen, die für das jeweilige Anwendungsgebiet relevant sind. Dadurch müssen Forschende nicht jedes Mal das Rad neu erfinden und können sich sicher sein, dass die benutzte KI-Methode evaluiert ist und sich an die AIMe-Standards hält“, berichtet Prof. Jan Baumbach vom Zentrum für Bioinformatik der Universität Hamburg.

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    Prof. Dr. Markus Fischer

    Jg. 1965, studierte Lebensmittelchemie an der Technischen Universität München und promovierte 1997 im Bereich Molekularbiologie/Proteinchemie. 2003 habilitierte er sich für die Fächer Lebensmittelchemie und Biochemie. Seit 2006 ist er Direktor des Instituts für Lebensmittelchemie der Univer ... mehr

    Luise Herrmann

    Jg. 1983, studierte bis 2010 Lebensmittelchemie an der Universität ­Hamburg. In ihrer Diplomarbeit beschäftigte sie sich mit der Differenzierung von Weizen und Dinkel über deren Proteinmuster. Nach dem Studium absolvierte sie ihr praktisches Jahr teils in Nantes, Frankreich und in Hamburg. ... mehr

    Dr. Anke Heisig

    Anke Heisig, geb. 1961, studierte Biologie mit dem Schwerpunkt Molekularbiologie an der FU Berlin und promovierte am Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik in Berlin-Dahlem. Seit 1998 leitet sie einen DNA-Sequenzierservice zunächst an der Universität Bonn. Nach ihrer Tätigkeit bei der F ... mehr

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