17.07.2020 - Technische Universität Wien

Wie man Gold beibringt, rechts und links zu unterscheiden

Chemikerin der TU Wien mit einem Elise-Richter-Stipendium ausgezeichnet: Sie forscht an Katalyse mit winzigen Goldclustern

Winzig kleine Goldpartikel, die nur aus wenigen Atomen bestehen, kann man als Katalysatoren für wichtige chemische Reaktionen verwenden. Noelia Barrabés vom Institut für Materialchemie der TU Wien forscht seit Jahren an neuen Methoden, solche winzigen Goldcluster anzupassen und genau zu kontrollieren. Nun wurde sie mit einem Elise-Richter-Stipendium ausgezeichnet.

Mit diesem Stipendium wird sie Goldcluster nun verwenden, um eine besonders schwierige chemische Aufgabe zu lösen: Von manchen Molekülen gibt es auch eine Spiegelbild-Variante, bei der rechts und links vertauscht ist. Normalerweise ist es extrem schwierig, nur eine dieser beiden Varianten herzustellen. Speziell behandelte Goldcluster sollen nun dabei helfen.

Perfekte Kontrolle über Goldpartikel

Dass Gold als Katalysator genutzt werden kann, um wichtige chemische Reaktionen in Gang zu setzen, ist schon länger bekannt. Besonders effizient lässt sich Gold als Katalysator verwenden, wenn man es in Form winziger Partikel auf einer Oberfläche fixiert, wie kürzlich im Fachjournal ACS Catalysis demonstriert. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Größe der Goldcluster. „Normalerweise hat man es mit Goldclustern unterschiedlicher Größe zu tun, die auch unterschiedliche Eigenschaften haben“, erklärt Noelia Barrabés. „Bei uns ist das anders: Wir haben Methoden entwickelt, die Größe der Goldcluster exakt festzulegen. Alle Cluster bestehen aus genau der gleichen Zahl von Atomen.“

An diesen Goldclustern können sich verschiedene Moleküle anlagern – sie bezeichnet man als Liganden. „Diese Liganden haben einen ganz entscheidenden Einfluss auf das chemische Verhalten der Goldcluster“, sagt Noelia Barrabés. „Wir mussten daher auch Methoden entwickeln, die Liganden genau zu kontrollieren.“ So kann man beispielsweise die Goldcluster zunächst in einer flüssigen Umgebung herstellen, dann auf einer festen Oberfläche fixieren und anschließend ihre Liganden gezielt austauschen. Diese Technik wurde vor kurzem im Journal Nanoscale publiziert und dort auch am Back Cover des Magazins vorgestellt.

Das Molekül und sein Spiegelbild

Wie Noelia Barrabés kürzlich zeigen konnte, eröffnet das eine ganz besonders interessante Möglichkeit: Man kann nämlich sogenannte „chirale Liganden“ verwenden, die ebenfalls in Bild- und Spiegelbild-Variante existieren.

„Wenn man ein Molekül synthetisiert, von dem es auch eine Spiegelbild-Version gibt, dann erzeugt man meist beide Varianten gleichzeitig“, erklärt Prof. Günther Rupprechter, Vorstand des Instituts für Materialchemie. „Schließlich bestehen beide Moleküle genau aus denselben Atomen und haben den gleichen prinzipiellen Aufbau.

Noelia Barrabés möchte nun im Rahmen ihres Elise-Richter-Stipendiums zeigen, dass es mit speziellen Liganden auf den Goldclustern möglich ist, selektiv nur eine der beiden Varianten herzustellen.“ Der spezielle Fokus liegt darauf, das mit Goldclustern durchzuführen, die auf einer Oberfläche fixiert sind – ein derzeit noch kaum angewandtes und wenig untersuchtes Verfahren, das jedoch bei erfolgreicher Umsetzung große Vorteile gegenüber den herkömmlichen Methoden hätte.  

Speziell für Anwendungen in der Medizin kann der Unterschied zwischen einem Molekül und seinem Spiegelbild eine wichtige Rolle spielen: „Wir wissen, dass unser Körper auf bestimmte Moleküle ganz anders reagiert als auf die gespiegelte Version. Im Extremfall kann die eine Variante heilen und die andere krank machen“, erklärt Noelia Barrabés.

Fakten, Hintergründe, Dossiers

Mehr über TU Wien

  • News

    Drei Augen sehen mehr als zwei - katalytische Reaktion mit drei verschiedenen Mikroskopen unter exakt gleichen Bedingungen in Echtzeit verfolgt

    Man muss sehr genau hinsehen, um exakt zu verstehen, welche Prozesse an den Oberflächen von Katalysatoren ablaufen. Bei festen Katalysatoren handelt es sich oft um fein strukturierte Materialien aus winzigen Kristallen. Es gibt verschiedene Arten der Mikroskopie, mit denen man die chemische ... mehr

    Chemielabor auf einem Chip analysiert Flüssigkeiten in Echtzeit

    An der TU Wien wurde ein Infrarot-Sensor entwickelt, der in Sekundenbruchteilen Inhaltsstoffe von Flüssigkeiten detektiert. Was machen die Moleküle gerade im Reagenzglas? In der chemischen Technologie ist es oft wichtig, exakt zu messen, wie sich die Konzentration bestimmter Substanzen verä ... mehr

    Ein Molekül aus Licht und Materie

    Ein ganz besonderer Bindungszustand zwischen Atomen konnte nun erstmals im Labor erzeugt werden: Mit einem Laserstrahl lassen sich Atome polarisieren, sodass sie auf einer Seite positiv, auf der anderen Seite negativ geladen sind. Dadurch ziehen sie einander an und bilden einen ganz speziel ... mehr

  • q&more Artikel

    Wirkstoffsuche im Genom von Pilzen

    In Pilzen schlummert ein riesiges Potenzial für neue Wirkstoffe und wertvolle Substanzen, wie etwa Antibiotika, Pigmente und Rohstoffe für biologische Kunststoffe. Herkömmliche Methoden zur Entdeckung dieser Verbindungen stoßen zurzeit leider an ihre Grenzen. Neueste Entwicklungen auf den G ... mehr

    Organs-on-a-Chip

    Ziel der personalisierten Medizin oder Präzisionsmedizin ist es, den Patienten über die funktionale Krankheitsdiagnose hinaus unter bestmöglicher Einbeziehung individueller Gegebenheiten zu behandeln. Organ-on-a-Chip-Technologien gewinnen für die personalisierte Medizin sowie die pharmazeut ... mehr

  • Autoren

    Dr. Christian Derntl

    Christian Derntl, Jahrgang 1983, studierte Mikrobiologie und Immunologie an der Universität Wien mit Abschluss Diplom. Sein Doktoratsstudium im Fach Technische Chemie absolvierte er 2014 mit Auszeichnung an der Technischen Universität Wien. Dabei beschäftigte er sich mit der Regulation von ... mehr

    Sarah Spitz

    Sarah Spitz, Jahrgang 1993, studierte Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) mit Abschluss Diplomingenieur. Während ihres Studiums war sie für zwei Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Department für Biotechnologie (DBT) der BOKU angestellt. Nach einer inte ... mehr

    Prof. Dr. Peter Ertl

    Peter Ertl, Jahrgang 1970, studierte Lebensmittel- und Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur, Wien. Im Anschluss promovierte er in Chemie an der University of Waterloo, Ontario, Kanada und verbrachte mehrere Jahre als Postdoc an der University of California, Berkeley, USA. 2003 ... mehr

q&more – die Networking-Plattform für exzellente Qualität in Labor und Prozess

q&more verfolgt den Anspruch, aktuelle Forschung und innovative Lösungen sichtbar zu machen und den Wissensaustausch zu unterstützen. Im Fokus des breiten Themenspektrums stehen höchste Qualitätsansprüche in einem hochinnovativen Branchenumfeld. Als moderne Wissensplattform bietet q&more den Akteuren im Markt einzigartige Networking-Möglichkeiten. International renommierte Autoren repräsentieren den aktuellen Wissenstand. Die Originalbeiträge werden attraktiv in einem anspruchsvollen Umfeld präsentiert und deutsch und englisch publiziert. Die Inhalte zeigen neue Konzepte und unkonventionelle Lösungsansätze auf.

> mehr zu q&more

q&more wird unterstützt von: