17.07.2020 - Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH

Neue Molekülbibliothek hilft bei der systematischen Suche nach Wirkstoffen

Die Substanzbibliothek des HZB steht weltweit für die Forschung zur Verfügung

Um die Entwicklung von Medikamenten zu beschleunigen, hat das MX-Team am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) mit der Drug Design Gruppe der Universität Marburg eine neue Substanzbibliothek aufgebaut. Sie besteht aus 1103 organischen Molekülen, die als Bausteine von neuen Wirkstoffen infrage kommen. Das MX-Team hat diese Bibliothek nun in Kooperation mit der FragMAX-Gruppe am MAX IV validiert. Die Substanzbibliothek des HZB steht weltweit für die Forschung zur Verfügung und spielt auch bei der Suche nach Wirkstoffen gegen SARS-CoV-19 eine Rolle.

Damit Medikamente wirken, müssen sie in der Regel an Proteine im Organismus andocken. Wie ein Schlüssel ins Schloss muss ein Teil des Wirkstoffmoleküls in Vertiefungen oder Hohlräume des Zielproteins passen. Seit einigen Jahren arbeitet das Team der Abteilung Makromolekulare Kristallographie (MX) am HZB um Dr. Manfred Weiss zusammen mit der Gruppe Drug-Design um Prof. Dr. Gerhard Klebe (Uni Marburg) daher am Aufbau von sogenannten Fragment-Bibliotheken. Sie bestehen aus kleinen organischen Molekülen (Fragmenten), mit denen sich die funktionell wichtigen Hohlräume und Vertiefungen auf der Oberfläche von Proteinen ausloten und kartieren lassen. Proteinkristalle werden dafür mit den Fragmenten getränkt und anschließend mit starkem Röntgenlicht analysiert. Dadurch lassen sich 3D-Strukturinformationen mit atomarer Auflösung ermitteln. Unter anderem kann man so herausfinden, wie gut ein bestimmtes Molekülfragment am Zielprotein andockt. Der Aufbau dieser Substanzbibliotheken fand im Rahmen des Verbrundforschungsprojekts Frag4Lead statt und wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Das MX-Team (MX steht für Makromolekulare Kristallographie) hat nun das Design einer chemisch vielfältigen Fragmentbibliothek publiziert, die als „F2X-Universal“- Bibliothek bezeichnet wird und aus 1103 Verbindungen besteht. Aus dieser Bibliothek wurde eine repräsentative Auswahl von 96 Verbindungen extrahiert, die als F2X-Entry-Screen bezeichnet wird. Diese Auswahl ist nun im Zug dieser Publikation erfolgreich durch das MX-Team des HZB an der Röntgenquelle MAX IV in Lund, Schweden und am BESSY II getestet worden.

In der Studie verifizierten die Teams von HZB und MAX IV die Effizienz der F2X-Entry-Bibliothek durch Screening der Zielenzyme Endothiapepsin und des Aar2/Rnase-H-Komplexes. Im nächsten Schritt werden die Forscher des MX-Teams auch die gesamte Universalbibliothek zum Einsatz bringen.

"Für diese Studie haben die Berliner Fragment-Screening-Experten von HZB-BESSY II sehr eng mit dem FragMAX-Projekt-Team von MAX IV zusammen gearbeitet", sagte Dr. Uwe Müller, vom MX-Team am HZB, der sowohl die drei MX-Beamlines an BESSY II als auch die BioMAX-Beamline an MAX IV mit aufgebaut hat. "Dabei konnten beide Partner ihre eigenen Technologie-Plattformen weiterentwickeln und zur Abbildung der funktionellen Oberflächen verschiedener Proteine einsetzen. Dies ist eine hervorragende Grundlage für zukünftige Kooperationen zwischen MAX IV und dem HZB“.

Fakten, Hintergründe, Dossiers

Mehr über Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie

Mehr über Universität Marburg

  • News

    Anti-Tumormittel aus dem Darm

    Es soll an der Entstehung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen beteiligt sein, Diabetes auslösen, für Übergewicht sorgen, sogar neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose und Parkinson könnten hier ihre Ursachen haben – ganz zu schweigen von Depressionen und autistischen Störungen ... mehr

    Nur wenige Atome dick: Neue funktionelle Materialien entwickelt

    Sie sind 50.000-mal dünner als ein menschliches Haar und nur wenige Atome dick: Zweidimensionale Materialien sind die dünnsten heute herstellbaren Stoffe. Sie besitzen völlig neue Eigenschaften und gelten als der nächste große Schritt in der modernen Halbleitertechnologie. Künftig könnten s ... mehr

    Neuer SARS-CoV-2 neutralisierender Antikörper wird klinisch geprüft

    Die Uniklinik Köln, die Philipps-Universität Marburg, das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung und Boehringer Ingelheim haben den Start einer klinischen Phase-1/2a-Studie zu BI 767551 bekanntgegeben, einem neuen SARS-CoV-2 neutralisierenden Antikörper. Durch die Kombination großer virol ... mehr

  • q&more Artikel

    Von der RNA- zur Protein-Welt

    Die Evolution des tRNA-Prozessierungsenzyms (RNase P) hat in den verschiedenen ­Bereichen des Lebens zu sehr unterschiedlichen architektonischen Lösungen geführt. So ist die bakterielle RNase P grundsätzlich anders aufgebaut als die menschlichen RNase P-Enzyme in Zellkern und Mitochondrien. ... mehr

  • Autoren

    Dennis Walczyk

    Dennis Walczyk, geb. 1984, studierte Chemie an der Philipps-Universität Marburg. Seit 2012 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Hartmann am Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Marburg und beschäftigt sich dort u.a. mit der En ... mehr

    Prof. Dr. Roland K. Hartmann

    Roland K. Hartmann, geb. 1956, ist Professor der Pharmazeutischen Chemie an der Philipps-Universität Marburg. Er studierte Biochemie an der Freien Universität Berlin, wo er 1988 mit dem Ernst Reuter-Preis für seine hervorragende Dissertation ausgezeichnet wurde. Seine Forschungsinteressen u ... mehr

q&more – die Networking-Plattform für exzellente Qualität in Labor und Prozess

q&more verfolgt den Anspruch, aktuelle Forschung und innovative Lösungen sichtbar zu machen und den Wissensaustausch zu unterstützen. Im Fokus des breiten Themenspektrums stehen höchste Qualitätsansprüche in einem hochinnovativen Branchenumfeld. Als moderne Wissensplattform bietet q&more den Akteuren im Markt einzigartige Networking-Möglichkeiten. International renommierte Autoren repräsentieren den aktuellen Wissenstand. Die Originalbeiträge werden attraktiv in einem anspruchsvollen Umfeld präsentiert und deutsch und englisch publiziert. Die Inhalte zeigen neue Konzepte und unkonventionelle Lösungsansätze auf.

> mehr zu q&more

q&more wird unterstützt von: