07.09.2018 - Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Neue Methode könnte Entwicklung neuer Arzneistoffe beschleunigen

Aktivierung von Rezeptoren in kürzester Zeit messen

Hormone und andere Botenstoffe des Körpers aber auch Medikamente entfalten ihre Wirkung an Rezeptoren. „Die Wirkstoffe binden an die Rezeptoren und können deren dreidimensionale Anordnung verändern und so nachgeschaltete Signalwege regulieren“, sagt Hannes Schihada vom Lehrstuhl für Pharmakologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).

Ein Spezialfall sind die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR). „An ihnen greifen bereits etwa 30 Prozent aller weltweit zugelassenen Arzneistoffe an“, sagt Schihada, „dennoch wird ihr Potenzial noch nicht voll ausgeschöpft.“ Es war bislang nicht möglich, die Wirkung von Millionen potenzieller Medikamente auf die GPCR-Anordnung innerhalb kürzester Zeit zu testen. „Dadurch wurde die Entdeckung neuartiger Arzneistoffe und die Erforschung noch unbekannter GPCRs ausgebremst“, sagt Dr. Isabella Maiellaro, die das Projekt zusammen mit Professor Martin Lohse betreut.

Nun hat das JMU-Team eine Methode entwickelt, mit der sich sowohl die Aktivität als auch die Wirkstärke von GPCR-Liganden in lebenden Zellen im Hochdurchsatzverfahren ermitteln lässt.

Was die neue Methode leistet

Die Methode heißt BRET (Bioluminescence-Resonance-Energy-Transfer-basiertes Sensordesign). „Sie lässt sich nicht nur auf GPCRs, sondern auf alle möglichen Biomoleküle anwenden“, sagt Schihada.

Dieses universelle Sensordesign erlaubt nun die Erforschung von Rezeptorkonformationsänderungen in lebenden Zellen im Hochdurchsatz-Verfahren. Dadurch können eine Vielzahl von Testverbindungen nun deutlich schneller auf deren pharmakologische Wirkung am Rezeptor und unabhängig von nachgeschalteten Signalwegen charakterisiert werden.

„Das kann zu einem besseren Verständnis unterschiedlicher Wirksamkeiten von Arzneistoffen beitragen und so die Entwicklung neuartiger Therapiekonzepte antreiben“, sagt Hannes Schihada. Die Erforschung neuer Rezeptoren mit dieser Technologie kann zudem die Basis für die Entwicklung neuartiger Arzneistoffe mit verbesserter Wirksamkeit und weniger Nebenwirkungen schaffen.

Außerdem können die Sensoren zu einem besseren Verständnis der sogenannten orphan GPCRs beitragen. Das sind GPCRs, deren Funktion und Liganden noch weitgehend unbekannt sind. „Damit können wir den Grundstein für die Behandlung schwerwiegender und bisher schlecht-behandelbarer Erkrankungen wie Alzheimer oder Multipler Sklerose legen“, sagt der Forscher.

Die Forschung wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Wissenschaftler wollen jetzt ihr Repertoire an hochdurchsatz-geeigneten Sensoren erweitern.

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